Mittwoch, 11. September 2013

Rekapitalisierung des Schweizer Bankensystems mit überschüssigen SNB-Sichtdepositen

Die Unterstützung dreier Vorstösse von SP, SVP und Grünen für ein Trennbankensystem beendete Anfang Woche im Nationalrat die Phase der fatalistischen Akzeptanz des Status Quo in der unglösten Too-big-to-fail-Problematik.

Fakt ist, UBS und CS destabilisieren den Wirtschaftsraum Schweiz. Im Verhältnis zur Realwirtschaft, welche die Grosszahl aller Arbeitsplätze schafft, sind die beiden Grossbanken nach wie vor derart gross, dass ein allfälliger Konkurs wahrscheinlich die ganze Wirtschaft in den Abgrund reissen müsste.

Zudem überträgt und verstärkt das Grossbanken-Geschäftsmodell, also die Koppelung einer Schweizer Geschäfts- und Vermögensverwaltungsbank mit einer Wall-Street-Investmentbank, die unkontrollierbaren Absturzrisiken der globalen Finanzmärkte auf den Wirtschaftsplatz Schweiz.

Die rechtliche, kapitalmässige und betriebswirtschaftliche Abtrennung des Investmentbanking von den Grossbanken löst diese hochriskannte Konstellation dauerhaft. Kein Wunder, dass die Unterstützung für das Trennbankensystem in breiten Kreisen wächst. Neuerdings sprich sich auch Tages-Anzeiger-Chefökonom Philipp Löpfe dafür aus. 80 Prozent der Click-Umfrage zum Löpfe-Text waren ebenfalls positiv.

Zur nötigen Stärkung der Resilienz des Schweizer Bankensystems gegen zukünftige Finanzkrisen genügt die Trennung von Investment- und Geschäftsbanken allerdings noch nicht. Dazu ergänzend ist auch eine strukturelle Rekapitalisierung des Bankensystems insgesamt vonnöten.

Die Frage, wieviel Eigenkapital braucht eine Bank ist eine komplexe Frage, weil sie die fundamentalen Mechanismen des kapitalistischen Geld- und Kreditsystems berührt. Es nicht nicht bloss um die Profitinteressen der Aktionäre, es geht auch um die volkswirtschaftlichen Landesinteressen.

Im Zusammenspiel mit der Nationalbank schafft das Bankensystem die in der Realwirtschaft umlaufende Geldmenge. Die Nationalbank macht kraft Gesetzesprivileg per Computerklick aus dem Nichts das Zentralbankengeld, das ausschliesslich zwischen Nationalbank, Bankensystem und Staat zirkuliert. Das Bankensystem macht per Kreditgewährung die umlaufenden Franken, die wir alle benutzen. Zentralbankengeld ist etwas fundamental anderes als die umlaufenden Franken.

Die Verteidigung der Kursuntergrenze zum Euro zwang die Nationalbank seit 2011 bekanntlich zu enormen Eurokäufen. Der Mechanismus dieser Käufe funktioniert wie folgt:

1. Die Nationalbank schafft aus dem Nichts Zentralbankengeld.
2. Sie beauftragt eine oder mehrere der mit ihr verbundenen rund 320 so genannter Girobanken auf den globalisierten Devisenmärkten Euro zu kaufen, wenn der Kurs unter 1.20 fällt. Und schreibt den betreffenden Girobanken den Gegenwert in Zentralbankengeld gut.
3. Die betreffende Girobank kauft die Euros auf dem Devisenmarkt. Bezahlt wird nicht mit dem erhaltenen Zentralbankengeld, (weil dieses nur zwischen SNB, Staat und Bankensystem zirkuliert) sondern durch selbstgeschöpftes Kreditgeld, anders gesagt mit einem Kredit für die verkaufende Devisenhändlerin.

Fazit der Aktion für die Girobank: Sie hat eine Kreditverpflichtung gegenüber der liefernden Devisenhändlerin, sowie ein entsprechend höheren (Giro)Kontobestand an Zentralbankengeld bei der Nationalbank. Und verdient fette Gebühren und Courtagen obendrein.

Damit kassiert die Girobank den der Nationalbank zustehenden Geldschöpfungsgewinn. Genau beziffern lässt sich dieser Handkuss der Volkswirtschaft für das Bankensystem nicht. Doch da die Zentralbankgeldmenge M0 von 2007 bis heute von knapp 7 auf etwa 380 Milliarden Franken um knapp das 60 fache anstieg, handelt es sich um warhaft astronomische Dimensionen.

Fasst man das alles in einem Satz zusammen, so kann man festhalten, dass die zur Verhinderung eines Kollapses der Exportindustrie unbeding nötige Kursuntergrenze dem Bankensystem aufgrund des Geld- und Kreditsystems einen enormen leistungslosen Geldschöpfungsgewinn in die Kassen spülte.

Ceci dit, liebe Leserinnen und Leser, jetzt mal eine kleine Pause.

Und weiter. Nachdem die Banken 2008 überall auf der Welt vom Staat gerettet werden mussten, war auch dem härtesten Marktfundamentalisten klar, dass die Eigenkapitalanforderungen erhöht werden müssen. Seitdem ist auch hierzulande einiges in diese Richtung geschehen. Allerdings zuwenig, wie heute alle relevanten Kreise sagen. Keine Einigkeit besteht hingegen in der Frage, wieviel mehr Eigenkapital eine Bank braucht, ganz besonders bei den vielleicht dreit Dutzend globalen systemisch relevanten Instituten.

Auch in der Finanzwissenschaft - von der viele meinen sie weniger Wissenschaft als Apologie (UBS zahlt 100 Mio an Uni Zürich) - wird die Frage der Höhe des Eigenkapitals kontrovers diskutiert. Um diesen bereits an dieser Stelle allzulangen Blogpost etwas abzukürzen, möchte ich mich an dieser Stelle auf der Linie von "The Banker's New Clothes" von Anat Admati & Martin Hellwig positionieren. Sprich der Forderung für ein ungewichtetes Eigenkapital für Banken von 20 bis 30 Prozent.

Wer das Buch liest stellt fest, dass diese Forderung das bis zum Beginn der Siebzierjahre des vergangenen Jahrhunderts existierende Primat der Realwirtschaft über die Finanzwirtschaft wieder herstellen würde. Also den rein geldgetriebenen neoliberalen Marktfundamentalismus neutralisiert.

Zurzeit haben UBS und CS zwischen 3 Prozent und 4 Prozent ungewichtetes Eigenkapital, auch Verschuldungsgrenze genannt (Englisch leverage ratio). Ein Sprung auf 20 Prozent bedeutet nichts anderes als eine weitere massive Schrumpfung der Bilanzsumme und mindestens ein vier mal höheres Aktienkapital. Also keine sehr realistische Forderung.

Elegant lösen liesse sich die Problematik mit einer Resozialisierung des privatierten Geldschöpfungsgewinnes (siehe Oben). Die überflüssigen Giroguthaben in den privaten Bankbilanzen können in Aktienkapital umgewandelt werden, diese Aktien werden von der Nationalbank versteigert, und der Erlös wird an Bund und Kantone verteilt. Gleich wie seinerzeit der Gewinn aus den Goldverkäufen.

Damit schlagen wir zwei Fliegen auf einen Streich: Resozialisierung des privatisierten Geldschöpfungsgewinns und Rekapitalisierung des Bankensystems.

1 Kommentar:

  1. Trennbankensystem ist ja gut - allerdings sollte es auch nicht überschätzt werden, da ja ein Gutteil der Probleme nicht im Finanzsektor kreiiert wurde und wird (z.B. im Hypotheken-, bzw. Liegenschaftenmarkt, Cornering bei den Rohstoffen etc.!) und die Finanzmärkte bloss den möglichen Hebel überzeichneten...

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