Donnerstag, 31. Januar 2013

Gefährliche NZZ-Analyse von Martin Lanz

"Eine Eskalation (des Währungskrieges) wie in den dreissiger Jahren ist unwahrscheinlich, "schreibt heute NZZ-Wirtschaftsredaktor Martin Lanz, "zu verflochten ist die Weltwirtschaft und zu schwach der Zusammenhang zwischen Wechselkursen und Handelserfolgen."

Der Titel des Artikels lautet: "Zu viel Wirbel um den "Währungskrieg" Alle wünschen sich eine schwächere Währung - fundamentale Faktoren lassen sich aber kaum "bekriegen"".

Gefährlich ist das Lanz'sche Wunschdenken vor allem für die Arbeitsplätze in der Schweizer Exportindustrie und damit auch für die ganze Volkswirtschaft.

Exportunternehmen, welche die Auswirkungen der wachsenden geopolitischen Konflikte auf das Weltwährungssystem falsch analysieren, laden sich unnötige Absatzrisiken auf, die trotz Qualitätsprodukten über Nacht zu dramatischen Nachfrageeinbrüchen führen können. Mit schockartigem Anstieg der Arbeitslosigkeit als Folge.

Die Hauptargumente der Lanz'schen Ablehung des Begriffes Währungskrieg sind die allzustark verflochtene Weltwirtschaft und der allzuschwache Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Handelserfolg.

Beide Argumente stechen nicht. Die Globalisierung, man könnte auch sagen Amerikanisierung des Weltwirtschafts- und Weltfinanzsystems erlebte mit der Finanzkrise 2008 seine Trendwende. Seither entflechten sich Weltwirtschaft und -Finanz. Der neue Megatrend heisst Regionalisierung. Die BRIC-Staaten wollen mit Binnenwirtschaft wachsen. Das Internet wird segmentiert. Der Euro droht auseinanderzubrechen. Apple plant erstmals Fabriken in den USA, etc. etc.

Auch das Argument vom schwachen Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Handelserfolg verdampft im Realitätscheck. Wenn Qualität und Innovation so viel wichtiger sein sollen, als der Preis, warum manöverierte sich dann Apple mit seinen high-tech Produkten in die Sackgasse, und braucht in China, Afrika, Südamerika und zunehmen auch in Europa und den USA dringend ein low-tech Tiefpreisprodukt?

Zur Begründung des angeblich schwachen Zusammenhangs von Wechselkurs und Handelserfolg wechselt Lanz - ein klassischer Taschenspielertrick - implizit von der betriebswirtschaftlichen auf die volkswirtschaftliche Perspektive wenn er sagt, jeder Währungsraum müsse bei Wechselkursänderungen die Vor- und Nachteile bei Export und Import abwägen. Doch die Frankenwährung wird wegen dem überdimensionierten Finanzplatz primär von Finanzströmen getrieben.

Nein, das Thema Währungskrieg kann nicht einfach als "Aufregung" abgetan werden, die sich wieder legt, sobald sich die richtige "Einsicht" durchgesetzt hat. Im Währungskrieg geht es in erster Linie um Macht und Interessen, nicht um Einsicht.

Der Lanz'sche NZZ-Artikel zum Währungskriege ist keine konkrete Analyse der konkreten Situation, sondern ein Fall vom ideologisch verbrämten Martkfundamentalismus. Jener gescheiterten Wirtschaftstheorie, die den Markt als absolut setzt. Und auch Währungskurse fundamental auf das Angebot und die Nachfrage zurückführt.

Weil nicht sein darf, was gemäss Dogma nicht sein kann blenden neoliberale Wirtschaftsjournalisten aus, wie Nationalstaaten (als Sonderfall auch das Euroland) die Währungskurse mit Macht zu ihren Gunsten manipulieren. Gemäss Faustregel: je tiefer die Krise, desto schärfer die Intervention.

Dieser Artikel ist ein Frontalangriff nicht nur auf die Geldpolitik der Nationalbank, sondern auch auf die Beschäftigten der Exportindustrie und ihre Gewerkschaften und die Exportunternehmen.

Die NZZ opfert sowohl das Gesamtinteresse des Währungsraumes Schweiz, als auch die speziellen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmer der Exportindustrie auf dem Altar des neoliberalen Marktdogmas.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Ein erklärungsbedürftiger Angriff aufs WEF

Hoppla!

Eine Frontalattacke von R. James Breiding, Naissance Capital, Zürich auf das WEF.



Breiding schreibt: "Das WEF behauptet es existiere, um die Welt zu verbessern, aber in Tat und Warheit geht es bloss um die Ausbeutung der Eitelkeit der Reichen." 

Solches und noch viel mehr Böses schreibt ein Mann, der mit seiner Bahnhofstrassen Finanzboutique von den gleichen Leute lebt, wie das WEF. Warum in aller Welt schliesst sich einer wie Breiding der tradtionellen linken und NGO-Davos-Kritik an? Umso mehr, als der Mann früher als Finanzredaktor des Londoner Wirtschaftsmagazins "The Economist" das WEF hemmungslos gehypt hatte. Hier eine mögliche Erklärung: R. James Breiding attackiert das WEF als U-Boot der City of London. 

Warum? 

Das ist der Konkurrenzkampf um die Futtertröge im internationalen Finanzgeschäft von Morgen! 

Seit dem Crash der anglo-amerikanisch dominierten, globalisierten Finanzmärkte, sortiert sich die Weltfinanz zunehmend neu anhand geopolitischer Kriterien. Chinesische und Russische, aber auch Indische und Brasilianische Banken tragen in London wachsende geopolitische Risiken. Wenn es beispielsweise gröbere politische Probleme zwischen den USA und China gibt, wird chinesisches Kapital sicherlich auch in London arrestiert. 

Für den Finanzplatz Schweiz ein geschenkter kompetitiver Vorteil. Für die City ist das tendenzielle Abwandern ganzer Weltregionen fatal. Nicht zuletzt, weil so Informationen verlorengehen, die im Finanzgeschäft unverzichtbar sind. 

Weil das WEF nicht nur ein grosser Jahrmarkt der Eitelkeiten ist, sondern auch eine grosse Drehscheibe für Informationen, greift Breiding das WEF voll Rohr an. Zürich darf nicht besser über China, Russland, Deutschland etc. informiert sein, als London. Dazu beleidigt Breiding nicht bloss seine eigene Kundschaft und seine zahlreichen Zürcher Freunde, sonder auch Medwedjew, Merkel und Monti, sechs von sieben Bundesräte und Topmanager wie Jamie Dimon von JP Morgan obendrein.

Die Zwangs-Staatsgarantie für UBS und CS ist stärker als je!


Zum aktuellen Kurs liegt der Börsenwert der Grossbanken UBS und Credit Suisse heute ungefähr 2/3 höher, als vor sechs Monaten.

Bundesrat und Parlament haben Eigenkapitalanforderungen und andere Vorschriften für Grossbanken verschärft. Mit dem so genannten Swiss Finish sogar über die Empfehlungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der Bank der Zentralbanken in Basel hinaus.

Während Goldman Sachs im vergangenen Quartal an der Wall Street wieder Rekordprofite kassierte. Und JP Morgan-Boss Jamie Dimon heute Morgen am WEF in Davos ideologisch in die Offensive ging. "Wir haben Fehler gemacht, aber das Leben geht weiter" sagte Dimon, und weiter zynisch zu einem Deutschen Chemiemanager: "Euere Fehler kosteten Menschenleben, unsere nicht."

Ergo: alles wieder Paletti im Finanzkapitalismus.

Nein, sagte Andrew Haldane, Direktor für Finanzstabilität bei der Bank of England, heute am Morgenseminar des Swiss Finance Institute in Zürich. (Zeitpunkt: 7 - 8 Uhr Morgens sapperlot, wenn ich üblicherweise gemütlich das Morgenessen geniesse.)

"Obwohl seit der Finanzkrise vor fünf Jahren einiges geschehen ist, bleiben die Systemrisiken bestehen, die von den weltweit etwa 30 übergrossen, systemrelevanten Finanzfirmen ausgehen."

Gemäss Haldane ist der Anteil der To-Big-To-Fail-Banken am Weltfinanzgeschäft seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor fünf Jahren weiter angestiegen, und deren implizite Zwangs-Staatsgarantie gilt heute stärker als je zuvor.

Die Reformen der letzten Jahre, also höhere Eigenkapitalanforderungen, neue Insolvenzverfahren und gewisse Strukturreformen, seien bloss ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es gelte heute weitere Schritte zu studieren, nämlich die Beschränkung von Bilanzsumme und Marktanteilen von Grossbanken, die Förderung der Konkurrenz unter den Banken sowie die volle Trennung von Investmentbanken und Spar- Kredit- und Handelsbanken.

Recht hat er, der Mann von der Bank of England!






Samstag, 19. Januar 2013

Der Fluch der Schweizer Tausendernote

Die Schweizer Tausendernote ist das ideale Finanzinstrument der globalisierten, bargeldbasierten, kriminellen Schattenwirtschaft! Doch die Nationalbank stellt sich dumm.

30 Milliarden Franken, oder rund 60 Prozent des Gesamtwertes aller umlaufenden Banknoten der Nationalbank zirkuliert in Form von 1000 Franken Noten.  Link

Dies, trotzdem Tausendernoten im alltäglichen Zahlungsverkehr der Bevölkerung keinerlei Gebrauchswert haben.

Wozu dann die vielen Tausender? Warum druckt die nationalbankeigene Notendruckerei Orell Füssli immer mehr Tausenderscheine?

Glaubt man der Nationalbank erklärt sich der hohe, weiter wachsende Tausenderanteil damit, dass diese Noten nicht nur im Zahlungsverkehr eingesetzt werden, sondern auch als Wertaufbewahrungsmittel dienen.

Sorry Nationalbankökonomen - aber mit dieser schwachsinnigen Erklärung lügt ihr euch nur in die Tasche.

Zum einen braucht, wie wir alle aus eigener Erfahrung wissen, niemand Tausender im Zahlungsverkehr. Wer sich Einkäufe in dieser Höhe überhaupt leisten kann, zahlt mit Plasticgeld.

Und zum anderen ist die Funktion als Wertaufbewahrungsmittel in der Höhe von fast 30 Milliarden Franken eine aus der Luft gegriffenene, unrealistische Behauptung.

Nein, der extrem hohe Tausenderanteil braucht eine bessere Erklärung - von der die Nationalbank anscheinend Angst hat.

Vielleicht hilft ein Blick über die Grenze zur Banca d'Italia.

"Geldwäschereigefahr, Italien senkt den maximalen Wert der Banknoten" betitelte der Corriere della Sera vor einiger Zeit einen Artikel zur Problematik der höchstwertigen Euro-Banknote. Abgestützt hat sich der Text auf eine frühere Studie der Banca d'Italia zur Problematik der Geldwäsche mit 500 Euro-Banknoten.

Rund 1/3 der in Italien umlaufenden Banknoten sind Euro-Fünfhunderter. Also ungefähr halb so viele wie die Tausender in der Schweiz Übrigens, wen wunderts, bei der Banca d'Italia verzeichnet die Filiale Como die höchste Nachfrage nach Euro-Fünfhundertern.

Euro-Banknoten in hohen Stückelungen sind ideal für die bargeldbasierte Schattenwirtschaft sowie den Drogen-, Waffen und Menschenhandel. Das ist unmitelbar evident. 20'000 Euro passen in eine leere Schachtel Zigaretten.

Was dem Fünfhunderter Euro recht, ist dem Frankentausender billig. Die zitierte Zigarettenschachtel fasst 40'000 Franken.

So gesehen ist der hohe Anteil der höchsten Banknotenückelung am Schweizer Notenumlauf völlig logisch. Gangster und globale Schattenwirtschaft brauchen unsere Tausender.

Wie wärs, wenn die Nationalbank auf den Spuren der Unita di Informazione Finanziaria der Banca d'Italia gelegentlich mal einen Bericht über das Potential des hohen Anteils der Tausendernoten am Geldumlauf zur Geldwäscherei machen würde?

Mittwoch, 9. Januar 2013

Die Nationalbank als Hedgefonds




Jetzt rächt sich, dass der damalige Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand im September 2011 das richtige Ziel mit der falschen Methode zu erreichen versuchte.

Statt die Frankenuntergrenze zum Euro mit unbegrenzten Euroankäufen - sprich unbegrenzter Neugeldschöpfung - zu verteidigen, hätte die Nationalbank dieses Ziel mit einer Kombination von Negativzinsen und Kapitalverkehrskontrollen anstreben müssen.

Dazu wäre keine Neugeldschöpfung nötig!

Aber Hildebrand war bekanntlich vor seiner Nationalbankzeit ein Wall Street Hedge-Fonds-Spekulant, wo er auch heute wieder abzockt.

Und machte aus der Nationalbank aus seinen finanzkapitalistischen Instinkten heraus de facto einen Hedge Fonds.

Damit hat er den Wirtschaftsraum Schweiz im Hochrisikobereich positioniert.

Noch ist es nicht zu spät die Verteidigung der Untergrenze zugunsten eines Mix von Negativzinsen und Kapitalverkehrskontrollen aufzugeben.

Aber schnell muss es geschehen!

PS: Heute hat auch das Wall Street Journal die Hochrisikospekulation der Nationalbank registriert.

Button-Down Central Bank Bets It All
Switzerland, for decades a paragon of safety in finance, is engaged in a high-risk strategy to protect its export-driven economy, literally betting the bank in a fight to contain the prices of Swiss products sold abroad. Link





Montag, 7. Januar 2013

Die NZZ schreibt für die Banken - Das Wall Street Journal für die US-Nationalwirtschaft


Heut darf man wieder einmal staunen, wie hemmungslos das Zürcher Blatt mit dem kriminellen Banker im Verwaltungsrat seiner Leserschaft die Wirtschaftswelt aus der Bankenperspektive präsentiert.

Der Hintergrund der Meldung ist eine Empfehlung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht für neue Liquiditätsstandards (Englisch Liquidity Coverage Ratio LCR).

Darüber schreibt die NZZ heute, 7.1.2013 folgendes:
Bankenaufseher
Durchbruch bei Liquditätsregeln für Banken
Wirtschaftsnachrichten Heute, 08:23
Die Bankenaufseher haben sich erstmals auf einen Mindeststandard für die von Banken zu haltenden liquiden Mittel geeinigt. Bis die Liquidity Coverage Ratio voll greifen wird, werden Übergangsschritte zu tun sein.
http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/liquditaetsregel-fuer-banken-1.17924771

Dazu noch die von der Online-Redaktion weggelassene Unterzeile, die in der Printausgabe wie folgt läuft:
„Banken müssen künftig mehr flüssige Mittel halten - grosszügiges Übergangsregime.“

Soweit so gut.

Jetzt zum Bericht des heutigen Wall Street Journal zum gleichen Ereignis:
Regulators Give Ground to Banks
Global banking regulators watered down a key element of their plan for creating a safer financial system, giving ground to banks that argued the plans were unworkable and financially risky
Link

Hoppla!

Während die NZZ ihre Leserschaft mit Stichworten wie Durchbruch, neuer Mindeststandard, mehr flüssige Mittel in die Irre führt, analysiert das WSJ kritisch die auf Bankendruck erfolgte Verwässerung der neuen Liquiditätsregeln.

Wirtschaftspolitisch unterläuft die tendenziöse Stossrichtung der NZZ-Berichterstattung die Bestrebungen von Nationalbank, Bundesrat und Parlament zur Redimensionierung der „To big to fail“-Banken im Interesse des realen Wirtschaftsraumes Schweiz. Was transnationale Grossbanken, Schattenbanken und Finanzmilliardäre freut.

Während das Wall Street Journal das Ereignis nicht aus der Wall-Street-Perspektive, sondern aus der nationalwirtschaftlichen Perspektive der USA analysiert, die „To big to fail“-Banken zu schrumpfen.

Was es noch zu betonen gilt: faktisch haben die neuen Liquiditätsstandards keine Bedeutung, Nirgendwo, auch nicht in der Schweiz.

Dies deshalb, weil die privaten Banken auf ihren Konten bei den Zentralbanken infolge deren Geldpolitik über mehr als genug zinslose Reserven verfügen.

Samstag, 5. Januar 2013

Konfuser NZZ-Kommentar von Martin Lanz


„Verwundert reibt man sich die Augen“, schreibt NZZ-Wirtschaftsredaktor Martin Lanz in einem Kommentar vom 5. Januar, wenn man die jüngsten Verlautbarungen der Zentralbankenchefs der USA, Britanniens und Japans liest. 

Was der blitzgescheite junge Universitätsdozent und Wirtschaftsjournalist Lanz nicht verstehen kann, ist die strategische Wende der Geldpolitik zahlreicher Zentralbanken inklusive der Schweizerischen Nationalbank. 

Wie Lanz richtig feststellt, verschob sich der Fokus des „Central Banking“ weltweit vom kapitalschützenden Inflationsziel zum volkswirtschaftlichen Beschäftigungsziel. Dabei geht es im Kern um die Arbeitsplätze in der jeweiligen nationalen Exportwirtschaft durch Schwächung der eigenen Währung. So in der Schweiz, in Dänemark, in Südkorea, in Britannien, in Japan oder den USA.

Diese Poltik entstand auf dem Hintergrund der mittlerweilen mehrjährigen Wachstumsschwäche in den USA, Japan und Europa. Wenn, wie es heute der Fall ist, der Privatkonsum nicht anzieht, weil die Arbeitslosenzahlen hoch sind, verpufft auch die expansivste Geldpolitik durch Nullzins und systematischen Kauf von Staatsobligationen durch die Zentralbank nutzlos.

Werden die Staatsausgaben in dieser Situation heruntergefahren, wie es heute der Fall ist, helfen, wenn überhaupt, nur noch gesteigerte Exporte gegen die Arbeitslosigkeit.

Die NZZ, wo heute ein krimineller Banker im Verwaltungsrat sitzt, vertritt traditionell die Interessen des grossen Kapitals. Und fürchtet sich deshalb viel mehr vor der kapitalentwertenden Inflation, als vor der menschenzerstörenden Arbeitslosigkeit. 

Deshalb fordert die NZZ, dass „Zentralbanken ins zweite Glied zurücktreten sollten“. Es sei Zeit für den Ausstieg der Zentralbanken vom beschäftigungspolitischen Ziel. 

Das ist neoliberaler Marktfundamentalismus in Reinkultur. Jene einstmals hegemoniale, heute gescheiterte ökonomistische Weltschau, der wir die Weltfinanzkrise verdanken. Doch das Dogma des Marktes unter Ausschluss der Macht, vermag die heutige Weltwirtschaft, Weltfinanz und auch die Kunst des Central Banking nicht mehr analysieren und erklären.

Was ausländische Zentralbanken betrifft, wirkt die Forderung „Zentralbanken ins zweite Glied“ naiv bis zur Lächerlichkeit. 

Die heutige Politik der Zentralbanken des Gratis-Geldes für Banken und Staat fusst im Katastrophenmanagement zur Verhinderung einer globalen Dominoreaktion von Bankkonkursen im Jahre 2008. Sie wurde von nationalstaatlichen Institutionen implementiert. Bei der EU agiert die Eurozentralbank de facto auf der deutschen Wirtschaftskraft. Ihre erwünschten und unerwünschten Folgen werden ebenfalls von den jeweiligen nationalen Wirtschaften getragen.

Grundsätzlich entsteht die Geldpolitik der Zentralbanken an der Schnittstelle zwischen nationalwirtschaflicher Interessenpolitik und dem transnationalen Finanzkapitalismus der Investmentbanken, Schattenbanken und Abzocker-Milliardäre. 

Mittlerweilen ist offensichtlich, dass die aktuelle Gratis-Geldpolitik für Banken und Staat nur den Finanzsektor und die Milliardäre profitieren lässt, jedoch keine Strukturprobleme nationaler Volkswirtschaften löst. Deshalb mussten immer zahlreichere Zentralbanken den Fokus der Geldpollitik unter dem Druck der Ereignisse wohl oder übel auf die Beschäftigungspolitik verlagern. Alle Zentralbanken dieser Welt, angefangen von China, Russland und den USA, bis zu Britannien, der Schweiz und Dänemark müssen heute aus realpolitischen Gründen die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ins Zentrum stellen, ob sie es zugeben oder nicht.

Wenn NZZ-Journalist Lanz verlangt, die Zentralbanken müssten die Gratis-Geldpolitik für Banken und den Staat aufgeben und zur Politik des stabilen Geldes zurückkehren, hat er seine (neoliberale) Rechnung ohne die wachsene Macht der Interessen der nationalen Volkswirtschaften gemacht. 

Was die Schweizerische Nationalbank betrifft, so läuft die Forderung von Lanz auf eine dramatische Selbstschädigung des Wirtschaftsraumes Schweiz hinaus. Wenn die Nationalbank die Verteidigung der Kursuntergrenze ersatzlos streicht, wie von Lanz impliziert, dann explodieren die Arbeitslosenzahlen im Exportsektor. Umso mehr, als heute, wie erwähnt, praktisch alle Zentralbanken die mehr oder weniger verkappten Abwertung ihrer Währung betreiben. 

Die Verlagerung der Zielfunktion der Schweizer Geldpolitik auf die Beschäftigung vom September 2011 war völlig richtig. Mal abgesehen von den wachsenden unerwünschten Nebenwirkungen der Kursuntergrenze.

Statt, wie von der NZZ empfohlen, aus der Frankenuntergrenze auszusteigen, sollte sich die Nationalbank überlegen, ob die Schwächung des Aussenwertes des Frankens nicht besser durch Einführung von differenzierten Negativzinsen auf ausländische Frankenbestände, ergänzt allenfalls durch Kapitalverkehrskontrollen zu bewerkstelligen wäre.

Freitag, 4. Januar 2013

Gian Trepp: Fallstricke der Frankenuntergrenze

Gian Trepp: Fallstricke der Frankenuntergrenze: Die Frankenabwertung zum Euro durch die Nationalbank wirkt. Aber nur, wie das Medikament Cortison gegen Entzündungen. Will heissen die sc...

Fallstricke der Frankenuntergrenze


Die Frankenabwertung zum Euro durch die Nationalbank wirkt.

Aber nur, wie das Medikament Cortison gegen Entzündungen. Will heissen die schmerzhaften Symptome werden geschwächt, die Ursachen bleiben bestehen und die unerwünschten Nebenwirkungen wachsen.

Einfach aussteigen, aus der Verteidigung der Frankenuntergrenze kann die Nationalbank nicht. Die zu erwartende Frankenaufwertung müsste die Exportindustrie mit ihren Arbeitsplätzen in eine Existenzkrise stürzen. Darin sehen sich die Nationalbankökonomen und eine Grosszahl von Experten einig.

Zum Aussteigen sei es heute noch zu früh, sagt beispielsweise der Berner Ökonomieprofessor und einstige SECO-Chefökonom Aymo Brunetti im Zürcher Tages-Anzeiger, doch «In den nächsten zwei, drei Jahren müssen wir aussteigen».

Brunetti empfiehlt die schrittweise Senkung der Kursuntergrenze. „Irgendwo käme wohl ein Niveau, bei dem die Nationalbank überhaupt nicht mehr intervenieren müsste, womit der Mindestkurs de facto aufgehoben würde.“

Doch das ist Wunschdenken eines unreformierten neoliberalen Professors. Schon erstaunlich, wie sich ein intelligenter Mensch wie Brunetti an den gescheiterten Marktfundamentalismus klammert. Obwohl das Marktmodell die aktuellen Entwicklungen von Weltwirtschaft und Weltfinanz nicht mehr zu erklären vermag, weil die Macht den Markt entthronte.

Die fünfjährige Weltwirtschafts- und Finanzkrise pulverisierte auch die marktwirtschatlich basierte alte Geldpolitik der Nationalbank.

Deren erstes Ziel bis zum Ausbruck der Finanzkrise war der stabile Geldwert, unter Berücksichtigung der Konjunkturentwicklung, also möglichst wenig Arbeitslose.

Die konkrete Umsetzung basierte auf dem Prinzip eines möglichst kontinuierlichen Gleichschrittes von Geldmenge und Realwirtschaft.

Der Zusammenbruch des derivatgetriebenen US-Hypothekargeschäftes und der Bankrott der Investment Bank Lehman Bros. setze dann vor fünf Jahren einen Prozess in Gang, der nicht nur die Nationalbank, sondern auch die Zentralbanken weltweit revolutionierte.

Die Finanzministerien und Zentralbanken der Standortstaaten retteten 2008 gut zwei Dutzend welt-systemrelevante Privatinstitute in den USA und Europa mit einem marktwirtschaftlich systemwidrigen Notprogramm vor dem Konkurs, das anschliessende Krisenmanagement öffnete die Geldschleusen. Nullzins für die Refinanzierung der Banken und Direktkauf von Staatsobligationen durch die Zentralbanken machten dem stabilen Geld den Garaus.

Die Schweizerische Nationalbank vollzog die Wende mit der üblichen helvetischen Verspätung im September 2011, als sie ihre Geldpolitik auf die Schwächung des Frankens zum Euro refokussierte. Die seitherige beispiellose Ausdehung der Zentralbankengeldmenge schuf ein enormes Inflationspotential, das sich früher oder später realisieren muss. Es sei denn die Nationalbank neutralisiert den Geldüberhang mit unorthodoxen interventionistischen Methoden auf Kosten der privaten Banken. Doch davon mehr später.

Aus geopolitischer Sicht markiert die geldpolitische Wende der Zentralbanken den Übergang von der anglo-amerikanisch dominierten Wirtschaftsglobalisierung zur Neustrukturierung von Weltwirtschaft und Weltfinanz in multipolare regionale Wirtschaftsräume. Im Entstehen sind neue Wirtschaftsräume aus den staatskapitalistischen nationalen Volkswirtschaften Chinas, Russlands und einiger anderer Staaten, die von der Finanzkrise des anglo-amerikanisch dominierten Wall Street/City of London-Systems weniger betroffenen waren.

Wachsender Protektionismus auch auf den Devisenmärkten

Auch die heutigen Devisenmärkte basieren nicht mehr auf dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Gleich der Nationalbank suchen immer mehr Zentralbanken den Aussenwert ihrer Währungen im nationalen Interesse zu schwächen. Allen voran die Peoples Bank of China, das US Federal Reserve System und die Zentralbank der Russischen Föderation.

Es dreht sich die Abwertungsspirale. Die Zentralbanken der Schweiz, Südkoreas und Israels verschoben den Fokus ihrer Geldpolitik von der Geldwertstabilität auf Währungsschwächung. Der neue japanische Premierminister will die Bank of Japan zur Abwertung des Yen zwingen. Mark Carney, der neue Chef der Bank of England liess verlauten, er wolle in die gleiche Richtung gehen. Und der Euro schliesslich, ist durch die Schuldenkrise geschwächt.

Fallstricke der Frankenuntergrenze

Als Folge der seit September 2011 nötig gewordenen enormen Eurokäufe stiegen die Devisenreserven auf 425 Milliarden Franken. Das sind etwa zehn mal soviel wie vor der Finanzkrise. Manche wollen die Devisenreserven in einen staatlichen Schweizer Investitionsfonds umorganisieren mit dessen Erträgen die Steuern gesenkt werden könnten. Doch dieser Plan ist brandgefährlich und blendet die unerwünschten Nebenwirkungen der Explosion der Devisenreserven aus.

Mit dem heutigen Geldsystem ist die Frankenuntergrenze zur Verteidigung der Arbeitsplätze in der Exportindustrie nur durch eine unerwünschte, leistungslose Bereicherung der Banken auf Kosten der Gesamtwirtschaft zu haben.

Dies als Folge der privatkapitalistischen Schlagseite des hierzulande praktizierten, weltweit meistverbreiteten Geldschöpfungsmechanismus. Der durch eine symbiontische Koppelung des staatlich geschöpften Zentralbankengeldes mit dem privat geschöpften Bankkreditgeld charakterisiert ist. Jeder von der Nationalbank gekaufte Euro lässt ein entsprechendes Guthaben bei einer privaten Bank mit Giralgeldkonto bei der Nationalbank entstehen.

Die zum Eurokauf nötigen Frankenbeträge schafft die Nationalbank dank gesetzlichem Geldschöpfungsprivileg durch Computerklick aus dem Nichts. Und kauft dann mit dem selbstgeschöpften Zentralbankengeld Euros bei den 320 in- und ausländischen Banken und Finanzgesellschaften, die bei ihr ein sogenanntes Girokonto unterhalten. Dadurch blähte sich, parallel zu den Devisenreserven, auch die Zentralbankgeldmenge M0 per Ende 2012 auf rund 350 Milliarden Franken.

Das Zentralbankengeld zirkuliert nur zwischen der Zentralbank, den privaten Banken und der Staatskasse. Mit ihrem Zentralbankengeldbestand als Reserve können private Banken Kredite gewähren. Weil ein Bankkredit nicht mit 100 Prozent Zentralbankengeld unterlegt sein muss, sondern nur mit einem, von der Zentralbank zu definierenden Bruchteil von 100, sind private Bankkredite immer auch Neugeldschöpfung.

Sobald die privaten Banken beginnen, was bislang noch nicht der Fall war, ihr  durch die massiv erhöhten Giralgeldbestände massiv gewachsenes Kreditgewährungspotential voll auszuschöpfen, bekommen wir Inflation, vielleicht sogar Hyperinflation.

Die Promotoren der Vollgeldinitiative möchten die privatkapitalistische Schlagseite des Geldsystems dahingehend ändern, dass jeder Bankkredit zu 100 Prozent mit Zentralbankengeld unterlegt sein muss. Damit könnte nur noch die Nationalbank Geld schöpfen, staatliche Geldschöpfung und private Kreditschöpfung wären getrennt. Mit einem solchen System hätten wir das Problem des durch die implementierung der Eurokursuntergrenze erzwungenen Wachstums der Giralgeldmenge nicht. Und damit auch keine leistungslose Bereicherung der Banken.

Die enorm gewachsene Giralgeldmenge hat zwei unerwünschte Nebenwirkungen. Sie schafft erstens ein explosives Inflationspotential und stärkt zweitens die Bankenmacht.  Beides schadet der Entwicklung des Wirtschaftsraumes Schweiz.

Was tun?

In den Bereiche Geldsystem und Währungsreserven sind Eingriffe in die fundamentale Mechanik des Schweizer Finanzsystems vonnöten, welche die Nationalbank mit dem Vorkrisen-Instrumentarium nicht leisten kann.

Die Eindämmung des Inflationspotentials erfordert Interventionen ins Geldsystem. Die infolge der Eurokäufe gewachsene Giralgeldmenge muss sterilisiert werden, darf also den privaten Banken nicht als Basis zur Gewährung zukünftiger Kredite dienen. Dazu gibt es verschiedene Methoden, etwa die massive Erhöhung der Mindestreserven oder ein vom Bundesrat eingefordertes Krisenopfer der Banken. Hier den optimalen Mix vorzuschlagen, liegt an den Nationalbankökonomen und den vom Bundesrat eingesetzten Finanzplatzkommissionen.

Wird das Inflationspotential auf eine solche Weise eingedämmt, schwächt das automatisch auch die Macht der Banken. Den Finanzplatzkriminellen die Knöpfe einzutun wird immer wichtiger nach den Schuldeingeständnissen der UBS, sowie den Aussagen der Wegelin-Banker Konrad Hummler und Otto Bruderer vor einem New-Yorker-Gericht, hierzulande hätten nicht bloss sie, sonder alle Banken seit je systematisch Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet.

Was die Währungsreserven betrifft, so müssen diese geldpolitischen Zwecken dienen. Und nicht der Etablierung eines staatlichen Schweizer Investitionsfonds. Allenfalls könnten a fonds perdu Beiträge an national relevanten Investitionsvorhaben in den Bereichen Infrastruktur, Energie oder Bildung ausgeschüttet werden.