Mittwoch, 14. Mai 2014

Fall Rudolf Elmer, Whistleblower, gegen Leo Müller, Journalist, geht zum Zürcher Obergericht

Im Redaktionsbriefkasten der mittlerweilen eingegangenen Wirtschaftszeitung "Cash" fand sich im Mai 2005 eine CD mit 169 Megabytes Kundendaten von der Bank Bär Filiale auf den Cayman Inseln. Bingo! Gefundenes Fressen für jede Zeitung. Cash-Redaktor Leo Müller machte sich auf die Piste.

Michael Ringier und Frank A. Meyer hatten das deutsche Recherchierass Müller erst kurz zuvor bei der Illustrierten "Stern" abgeworben. Der neue deutsche Kollege werde ihnen zeigen, meinte Ringier, wie man eigenrecherchierte Wirtschaftsskandale cashgerecht bewirtschaftet.

Zur CD publizierte "Cash" damals einen einen allgemein gehaltenen Müller-Text fast ohne Namen, Zahlen und andere Fakten, der vom Wall Street Journal und der Financial Times aufgegriffen wurde.

Dann, man kann es kaum glauben, übergab Cash-Redaktor Müller die Whistleblower CD der Bank Bär und verzichtete auf jegliche weitere Recherchen. Pfui, sage ich dazu noch heute.

Auch in seinem Buch "Tatort Zürich" (2006) ging Autor Müller ein Jahr später nur ganz kurz auf die verschmähte Whistleblower-CD ein. Obwohl dort Stoff für fünf Bücher über die Steuerhinterziehung und Geldwäscherei am Tatort Zürich zu lesen gewesen wäre - Wie die Anfang 2008 auf Wikileaks hochgeladenen Elmer-Daten zeigen.

Erst vor wenigen Tagen gab beispielsweise die Zürcher Vermögensvewalterin Swisspartners, Tochter der Liechtensteinischen Landesbank im Cayman-Geschäft,  den amerikanischen Behörden die Namen von 110 Kunden als mutmassliche Steuerhinterzieher bekannt. Daten dazu sind seit Januar 2008  auf Wikileaks öffentlich. Die New Yorker Offshorespezialistin Lucy Komisar hat im März 2008 einen Artikel über Swisspartners geschrieben.

Elmers laufende Klage gegen Müller betrifft Persönlichkeitsverletzungen in einem Artikel des Wirtschaftsmagazins "Bilanz" von 2010,  wo der wirtschaftsnahe Wirtschaftsjournalist Müller heute schreibt.  Das Verfahren ist ein der zahlreichen Verästelungen des mittlerweilen zu einer Cause Célèbre gewordenen Falles Rudolf Elmer. Die unermüdliche einstige Nummer Zwei der Bank Bär auf den Cayman Inseln hält nicht nur dem alten Finanzplatz Schweiz einen Spiegel vors Gesicht, er thematisiert auch die Kollusion von Massenmedien und Justiz im grossen Geldgeschäft.

Kollusion der Justiz? Der Zürcher Einzelrichter Dr. U. Gloor hat Elmers Klage mit dem Hinweis auf deren Verjährung abgewiesen. Dies nach fünffacher Sistierung des Verfahrens, die Elmer jedesmal wieder aufheben musste, und nachdem das Obergericht die untere Instanz ausdrücklich auf die drohende Verjährung aufmerksam machte, setzte Richter Gloor den Prozesstermin 12 Tage nach Ablauf der Verjährungsfrist an.

Das sind italienische Verhältnisse im Zürcher Bezirksgericht. Rudolf Elmer will das Verfahren ans Obergericht weiterziehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen