Montag, 23. Juni 2014

Zweifel schassen, Heidenreich schützen - Warum?

Die Fakten: Während der von Stefan Zweifel moderierten Sendung "Literaturclub" des Schweizer Fensehens hat die deutsche Erfolgsautorin und TV-Talkerin Elke Heidenreich ein antisemitisches Heidegger-Zitat erfunden.

Aus dem besprochenen Buch "Schwarze Hefte (1939-1941)" des deutschen Philosophen Martin Heidegger las Heidenreich scheinbar einen Satz vor, der in diesem Buch nicht zu finden ist. Im gefakten Zitat unterschob sie Heidegger die Ausage, er befürworte die Beseitigung der Juden aus Deutschland.

Nachdem Zweifel die Zuschauerinnen und Zuschauer der TV-Sendung auf korrekte Weise darauf aufmerksam gemacht hatte, so ein Zitat sei im diskutierten Heidegger-Text nicht zu finden, bekam Heidenreich einen Wutanfall und knallte das Buch auf den Tisch.

Tage später hat das Schweizer Fernsehen Moderator Zweifel fristlos abgesetzt, während Heidenreich weiterhin in der Sendung bleiben darf. Die TV-Kulturchefin hat es abgelehnt den Sachverhalt abzuklären und öffentlich richtigzustellen.

Dafür hat Heidenreich Stellung genommen (Sonntagszeitung 21.6.): "Jedem, der je Heidegger gelesen hat, muss doch klar sein, dass das kein Zitat war, sondern eine klassische Paraphrase, wie sie im Gespräch häufig vorkommt." Sie habe die antisemitischen Äusserungen Heideggers mit ihren Worten gewertet. "Was gäbe es da zu entschuldigen?"

Antisemitismus, Heidegger, Zitatfälschung - Das sind keine Peanuts, das ist Chefsache. Wenn die TV-Kulturchefin weithin kneift, bekommen wir einen Fall für Direktor Ruedi Matter und Generaldirektor Roger de Weck.

Warum aber hat das Schweizer Fernsehen seinen korrekt agierenden Moderator Zweifel fristlos abgesetzt, und die unkorrekt agierende Zitateerfinderin Heidenreich gleichzeitig geschützt?

Meine Antwort lautet wie folgt: Das Verhalten von Zweifel und Heidenreich in der inkriminierten Sendesequenz verkörpert zwei unterschiedliche Wege der geistigen Verarbeitung des Völkermordes an den Europäischen Juden. Genau hinschauen, differenzieren, verstehen ist der eine Weg, sakralisieren, dämonisieren, kollektivbeschuldigen der andere.

Das bisherige Verhalten des Schweizer Fernsehens im Heidenreich-Zweifel-Disput stützt den zweiten Weg.

Freitag, 13. Juni 2014

Wird Eric Gujer neuer NZZ-Chefredaktor?

Heureka und Halleluja, freuet euch! Der Welt wird eine neue NZZ geboren.

Heute sitzen Bosse und mittlere Kader den ganzen Tag in der Retraite. Nur noch die Lokalredaktion hält die Festung an der Falkenstrasse.

Von dem was bereits durchsickerte, ist das neue Zeitungskonzept voll entzürchert und entschweizert. Zürcherisch ist an der neuen NZZ noch ungefähr soviel, wie heute an der Zurich Insurance.

Das neue Printprodukt ist kein Newsprodukt, sondern ein analytisch-ideologisches Zentralorgan für den gesamten deutschsprachigen Raum, Deutschland, Österreich, Deutschschweiz, Liechtenstein und Luxemburg.

Der Redaktionssitz Berlin, zuerst Aussenstelle, dann Hauptsitz, scheint mir eine Frage der Zeit. Schätze, dass sich die Edelfedern bei "Welt", "FAZ" und anderswo bereits das für und wider eines Wechsels überlegen.

Das neue Blatt bleibt ideologisch stramm neoliberal und proamerikanisch wie gehabt. Doch mit der neuen politischen Mission, das deutschsprachige Europa fest in eine neue Transatlantische Allianz einzubauen. Einem tragenden Baustein des reorganisierten Westblocks in der kommenden bipolaren Welt der Staatskapitalisten gegen die Finanzkapitalisten.

Und für dieses Schema ist Eric Gujer der ideale Chefredaktor.