Freitag, 11. Dezember 2015

Whistleblower Rudolf Elmer: Schwere Schlappe für Zürcher Justiz und Bilanz-Redaktor Leo Müller

Am 3. Dezember hat die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes einen Beschluss der III. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 2. März 2015  aufgehoben und zur Neubeurteilung nach Zürich zurückgewiesen.

Es geht um Elmers Ehrverletzungsklage gegen den Bilanz-Redaktor Leo Müller aus dem Jahre 2010.

Wie meistens in der "cause célèbre" Rudolf Elmer, sind die Details dieser Rückweiseung für Nichtjuristen reichlich kompliziert.

Im Kern geht es darum, dass die III. Strafkammer des Zürcher Obergerichtes in seinem Urteil vom 2.3.15 gegenüber Rudolf Elmer Bundesrecht verletzte.

Davon profitierten der Beklagte Leo Müller und die Axel-Springer-Finanzpresse.

Nachdem das Bundesgericht dem Zürcher Obergericht bereits 2011 eine offizielle Rüge wegen willkürlicher Behandlung von Elmer erteilte, wird die Zürcher Justiz damit bereits zum zweitenmal wegen gesetzeswidriger Behandlung von Whistleblower Rudolf Elmer gerügt.

Sonntag, 22. November 2015

Wo verdient Thomas Aeschi seine Brötchen - Trau, schau wem?

Thomas Aeschi ist ein smarter Typ. Weltklasse.

Weiss ich aus eigener Erfahrung aus Verhandlungen über die "Too-big-to-fail"-Problematik zwischen Christoph Blocher und Corrado Pardini vor gut zwei Jahren, an denen ich als linker Experte teilnahm. Wohl weil Hans Kaufmann nicht verstanden hatte, dass die beiden ausländisch (Singapore/USA/Katar/Saudi-Arabien) dominierten Wasserköpfe UBS und CS aus wirtschaftlichem Landesinteresse verkleinert werden müssen, hatte Blocher diesen in der zweiten Runde durch Aeschi ersetzt.

Aeschi weiss, wie der anglo-amerikanische Finanzkapitalismus neoliberaler Prägung funktioniert und ist ein Top-Verhandler obendrein.

Aeschi weiss, dass er im Verhandlungsspiel lachen muss, wenn Pardini gegenüber Blocher ätzende Sprüche zu den SVP-Messerstecherwahlplakate macht, die im SVP-Franktionszimmer hängen, wo die Verhandlungen stattfanden. Zuger Finanzplatzcharme halt, genauso wie sich Aeschi in einem Videoclip über eine bekannte, sexuell gedemütige Zuger Politikerin lustig machen konnte.

Aeschi weiss auch, dass ein kleines Land mit übergrossen Banken ein gröberes wirtschaftspolitisches Strukturproblem hat. Allzugrosse Banken sind ungesund, schaut nur nach Island, Irland oder Zypern.

Wo hat er das gelernt, der Mann aus dem gutbürgerlichen Finanzplatz-Mittelstand im Zugerland? (Vater Bücherexperte, Mutter Krankenschwester)

In der Schule: Primarschule Allenwinden, Austauschschüler in Chicago, HSG Lizenziat mit Auslandsemester in Malaysia und Israel. Master of Public Administration, J.F. Kennedy School of Government, Harvard Uni.

Und im Job: Seit dem Abgang von der Kennedy School 2008 bei der Consultingfirma Booz & Co., die später von PricewaterhouseCoopers (PwC) übernommen wurde.

Booz & Co. muss man wissen,  ist spezialisiert auf Beratung von Regierungen ausserhalb der USA. Dort arbeiten Kennedy School Absolventen aus der ganzen Welt für die Integration ihrer Ländern im - darf man sagen US-Imperium.

Okay, keine ungeprüften Konspirationsphantasien, googelt einfach mal. Tatsache ist, Booz & Co ist mit der US-Aussenpolitik verbunden, auch nach der Übernahme durch PwC.

Kein Wunder gibt zuzeit in Parlamentarierkreisen zu reden, dass Aeschi weder beim Parlament noch auf seiner eigenen Webseite angegeben hat, dass sein Arbeitgeber Booz & Co. aus einem politökonomischen Umfeld kommt und auch für das US-Verteidigungsministerium und die NSA tätig war.

Informieren sie uns über ihre bisherige berufliche Tätigkeit, Herr SVP-Kandidat!

Freitag, 20. November 2015

Die Nationalbank ist pleite - Warum?

Heute Morgen haben die Nationalbank-Statistiker die Finanzierungsrechnung der Schweiz für das Jahr 2013 veröffentlicht.

Die Zahlen für die Nationalbank selber beziffern ein negatives finanzielles Reinvermögen von -659 Millionen Franken.

Das Negativvermögen ist die Differenz zwischen den 489 766 Millionen Franken Nationalbank-Forderungen an dritte und 490 425 Millionen Franken Verpflichtungen an dritte.

Warum ist die Nationalbank trotz ihrer bereits 2013 riesigen Währungsreserven pleite?

Weil sie Verpflichtungen an das Bankensystem (Sichteinlagen der Banken) von rund 363 000 Millionen Franken in der Bilanz stehen hat.

Mit andern Worten sind 2/3 des Nationalbankvermögens Eigentum der Schweizer Banken. (Einige Auslandbanken sind auch noch dabei.)

Dieses kleine schmutzige Geheimnis der Nationalbank gründet in der technischen Abwicklung der Nationalbank-Eurokäufe. Die Nationalbank kauft die Euros nicht selber direkt, sondern beim Bankensystem, die betreffende  Bank zahlt sie mit selbstgemachtem Nationalbankgeld, das als Sichteinlage (Verpflichtung gegenüber der betreffenden Bank) in der Nationalbankbilanz stehen bleibt. Während diese Bank, die der Nationalbank die Euros liefert, diese Euros von einem Devisenhändler bezieht, den sie mit einer Kreditgutschrift auf dessen Konto bei ihr bezahlt.

Im Schweizer Geldsystem ist Nationalbankgeld Buchgeld, das die Hüterin des Frankens selber schöpfen kann um damit Geldpolitik zu machen. Dieses Buchgeld zirkuliert nur zwischen der Nationalbank und dem Bankensystem, nicht zwischen der Nationalbank und den Nicht-Banken.

Die Vollgeldinitiative möchte dieses System ändern. Das Kreditgeld des Bankenystems soll abgeschafft werden. Neu soll es nur noch Nationalbankgeld geben.

Dazu müssen unter anderem auch die Sichteinlagen der Banken bei der Nationalbank sozialisiert werden.  Wie das geht, werden die Vollgeldleute im kommenden Abstimmungskampf erklären.

Mittwoch, 18. November 2015

Stammtisch Bank Helvetiaplatz - Neue Online-Plattform zwischen Luhmann und Marx

In der neuen Bank Helvetiaplatz wird der alte Stammtisch als Online-Plattform "Stammtisch 4.0" neu erfunden.

"Man könnte Online-Plattformen als Orte der emotionalen Vergesellschaftung betrachten und hier die Konstitution von Solidaritätseffekten studieren, die nicht zuletzt auch Chancen auf Teilhabe enthalten. Wenn aber Online-Plattformen Orte der Inklusion werden, stellt sich für postmoderne Inklusionsprogramme die Frage, wie sie offline zur Realität werden lassen können, was online bereits Realität ist." (Dirk Baecker: https://catjects.wordpress.com/2015/11/18/partizipation-4-0/, dort ganz am Schluss)

Mit diesen Worten trifft der Luhmann-Schüler Dirk Baecker das tiefere Geheimis der Bank 4.0 am Helvetiaplatz auf den Kopf. Vielen Dank an den Bodensee!

Wie schaut die Kultur der Zukunft aus, fragt Niklaus Luhmann. Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern, sagt Karl Marx.

Reduced to the max stellt Baecker die Frage nach dem dem postmodernen Spagat zwischen Luhmann und Marx. Was sollen wir tun, fragen wie Luhmann oder antworten wie Marx?

Die Antwort wird Stammtisch 4.0 wohl auch nicht finden - das denk ich aus Erfahrung. Eine Plattform zum fröhlichen on- und offline Diskurs hingegen allemal.

Bestes Brot, kühles Bier, flotte Drinks, edler Wein, Bio-Güggeli und Gemüse inklusive.

Montag, 2. November 2015

Währungspolitik: Schweizer Staatsfonds als Nationalbank-Annexanstalt

Seit der Aufhebung der Euro-Kursuntergrenze von Anfang Jahr muss die Nationalbank weiterhin Monat für Monat für zig-Milliarden Franken Euros kaufen. Täte sie dies nicht, würde sich der Franken zum Euro wieder derart verteuern, dass die Existenz von zehntausenden von Arbeitsplätzen in der Exportwirtschaft gefährdet wäre.

Der ständige Kapitalzustrom vom Euroraum in den Frankenraum macht deutlich, dass der Franken im krisengeschüttelten Europa nach wie vor die Rolle einer relativ sicher geankerten Hartwährung spielt.

Zwei Faktoren sprechen dafür, dass der Franken im Euroland in absehbarer Zukunft Rettungsboot und Diversifikationsvehikel für Investoren bleibt.

1. Die bald sechsjährige Eurokrise ist eine Strukturkrise. Trotzdem gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Euroländer und die EU (im Kern Frankreich und Deutschland) in der Lage wären, den Konstruktionsfehler des Euro nachhaltig zu beheben, sprich Währungsunion ohne Fiskal- und Schuldenunion.

2. Die aufstrebende Weltmacht China hat mittlerweilen eine globale, digitalisierte Infrastruktur zum Handel des Renminbi aufgebaut, inklusive BRICS-Konkurrenzorganisationen zu IWF und Weltbank. Auch in Zürich steht ein Renminbihub kurz vor der Eröffnung. Das neue Renminbi-Währungsraum ist von den bisherigen, US-dominierten globalisierten Kapitalmärkten unabhängig.

Die Kombination dieser zwei Faktoren chronische Eurokrise und Entstehung des Renminbi-Raumes dürfte den Aufwertungsdruck auf den Franken noch verstärken. Während die offizielle Nationalbankprognose gerade umgekehrt davon ausgeht, dass sich der Aufwertungsdruck abschwächt und weitere Eurokäufe überflüssig macht.

Wie sich das Weltwährungssystem tatsächlich entwickelt und wie die zukünftige optimale Geldpolitik sein sollte weiss niemand. Heute schon klar ist hingegen, dass die Nationalbank für beide Szenarien schlecht gerüstet ist.

Grund dafür sind die überschüssigen Devisenreserven auf der Aktivseite der Bilanz und die überschüssigen Giroguthaben des Bankensystems auf der Passivseite.

Diese Überschüsse aus den sind die Folge der enormen Eurokäufe zu Zeiten der Kursuntergrenze. Sie behindern heute den geld- und währungspolitischen Spielraum und wecken Zweifel, ob die Nationalbank noch in der Lage ist, ihr Mandat gemäss Bundesverfassung und Nationalbankgesetz auch weiterhin erfüllen zu können.

Im Szenario Frankenstärke endet die ständige Aufblähung der Geldmenge letztlich in der Hyperinflation mit Crash der Realwirtschaft den es zu verhindern gilt. Das Szenario Frankennormalisierung korrumpiert die geld- und währungspolitische Fokussierung der Institution durch die nötige gewinnbringende Anlage enormer überschüssiger Devisenreserven.

Gröbere Fehler von Thomas Jordan, Fritz Zurbrügg und Andréa Maechler in der Geld- und Währungspolitik können der Werkplatz Schweiz zugrunde richten. (Nick Hayek hat recht, das nur dreiköpfige Nationalbankdirektorium ist zu schmal abgestützt und sollte dringend erweitert werden, aber das ist eine andere Geschichte.)

Um die Institution Nationalbank für das entstehende neue Weltwährungssystem - um nicht zu sagen für den kommenden Währungskrieg - fit zu machen, muss deren Bilanz deutlich schrumpfen. Raschmöglichst!

Dazu ist die Schaffung eines Schweizer Staatsfonds als Annexanstalt der Nationalbank der beste Weg. Eine solche Anstalt kann die überschüssigen Währungsreserven und Girogelder übernehmen. Und damit vollen geldpolitischen Spielraum des Direktoriums wieder herstellen, der im Zuge der enormen Eurokäufe der vergangenen vier Jahre verloren ging.

Freitag, 23. Oktober 2015

Frankfurter, Hamburger und Münchner Feuilletonisten hütet euch, der kleine Zürcher René Scheu steht vor dem Tor

Ich meine, das neue NZZ-Feuilleton von René Scheu wird zum "cultural signifier" der geplanten Digitalplattform nzz.de.

Scheus Berufung zur Neuerfindung des deutschsprachigen (Feuilleton)Liberalismus im 21. Jahrhundert ist der ideale Triebstoff für die geplante transnationale deutschsprachige Digitalplattform nzz.de. Vom Scheu erwarte ich eine intellektuelle Grossoffensive zur Fusion von Neo-, Ordo- und anderer Bindestrichliberalismen zum neuen deutschen (Feuilleton) Liberalismus. Karen Horn sucht neue Aufgaben und auch der bald-Rentner Gerhard Schwarz steht bereit. Dass Scheu sich in ideologischen Grabenkämpfen à la Hayek Gesellschaft verheizt, ist aufgrund seiner bisherigen Arbeit in den Schweizer Monatsheften trotzdem nicht zu erwarten.

Der Pfupf, den Scheu zum Aufbau von nzz.de bringt, vermögen die zwei auslandösterreichischen Fachkräfte nicht zu leisten, die heute bei der NZZ als CEO und Chefredaktorin digital in der Verantwortung stehen. Veit Dengler und Anita Zielina sind, ebenso wie ihr Kind nzz.at voll österreichfixiert. Oder besser gesagt negativ-österreichfixiert. Ihre Sicht auf ihr Heimatland deckt sich mutatis mutandis mit der Sicht von Lukas Bärfuss auf die Schweiz. Wenn Dengler/Zielina so weitermachen, fahren sie nicht bloss nzz.at, sondern die ganze NZZ an die Wand.

Die national-liberal-konservative SVP, insbesondere deren starke Männer Christoph Blocher und Roger Köppel können sich freuen. Dengler und Zielina sind mit Kopf und Herz in Österreich. Dengler wirft dort, wie einst die Migros, Schweizerfranken aus dem Fenster. Und wenn in der Schweiz gewählt wird. muss er sich von seinem Chefredaktionskollegen Patrick Müller wegen Unkenntnis der hiesigen Verhältnisse demütigen lassen, während Zielina Ferien macht, statt dafür zu sorgen dass nzz.ch während des Wahlkampfes mehr Klicks bekommt.

Wer weiss, sollten unsere beiden Auslandösterreicher vom Sechseläutenplatz die NZZ tatsächlich runinieren, avanciert der abverheite Wunschkanditat des NZZ-Verwaltungsrates Markus Somm dort trotzdem noch zum Chefredaktor.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Geografische statt strukturelle Trennung: Credit Suisse macht den gleichen Fehler wie die UBS

Neue Besen kehren gut. Der neue CS-CEO Tidjane Thiam reorganisiert und installiert neue Führungskräfte.

Wie ich soeben lese soll die Geschäftseinheit Schweiz aus der CS ausgegliedert und separat an die Börse gebracht werden. Ein gleiches hat die UBS, wenn auch ohne Börsengang der neuen UBS Schweiz, bereits getan.

Vom Standpunkt der Interessen des Wirtschaftsstandorts Schweiz und seiner Währung ist beides falsch, weil damit die Too-big-to-fail-Problematik nicht nachhaltig entschärft werden kann.

Die beiden neuen Grossbanken UBS Schweiz und CS Schweiz wollen weiterhin ein, wenn auch abgespecktes Investmentbanking betreiben und bleiben überdies in einem Finanzkonglomerat anglo-amerikanischer Art eingebettet, das Wertschriften-Eigenhandel mit Kreditgewährung an sich selbst (Geldschöpfung) koppelt.

CS Schweiz und UBS Schweiz sind weiterhin dem finanzkapitalistischen Bankenmodell verpflichtet, das der Welt den Crash von 2008 bescherte. Dieses Modell funktioniert nicht ohne implizite Staatsgarantie von Nationalbank und Bundeskasse.

Was der Wirtschaftsstandort Schweiz und die Frankenwährung brauchen ist ein realkapitalistisches Trennbankenmodell. Nur die strukturelle Trennung des Wertschriften-Eigenhandels vom Geschäfts- und Kreditbankwesen kann eine neuerliche Grossbankenrettung durch den Staat nachhaltig verhindern.

Diese strukturelle Trennung  verlangt regulatorische Eingriffe in die heutige Funktionsweise des Bankensystems. Der neue Ständerat wäre gut beraten, die vom Nationalrat Ende September mit zwei praktisch gleichlautenden Motionen von SP und SVP verabschiedete Einführung der gesetzlichen Trennung von Wertschriftenhandel (Spekulation) und Geschäftsbankwesen (Finanzierung der Realwirtschaft) zu unterstützen.

Zu hoffen bleibt, dass der frischgebackene Zürcher Ständerat Daniel Jositsch (SP) erkennt, dass sein Nein zur nötigen Strukturreform des Bankensystems im Nationalrat ein Fehler war. Für Sozialdemokraten sowieso, aber auch für die Zürcher Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von der SVP die kein Interesse daran haben können,  den UBS und CS Aktionären eine gratis Staatsgarantie zu geben.

Montag, 19. Oktober 2015

Strukturelle statt geografische Trennung im Bankgeschäft: Deutsche Bank restrukturiert besser als die UBS

Heute Morgen machte die Deutschen Bank die bankbetriebswirtschaftlichen Eckpunkte ihrer laufenden grosse Reorganisation bekannt.

Im Zentrum steht die Abtrennung des globalen Wertschriftenhandels vom bisherigen Investmentbanking. Neu sollen Bankdienstleistungen im Bereiche der Beratung und Finanzierung von Unternehmen separat vom Wertpapiergeschäft geführt und organisiert werden.

Damit rückt die Deutsche Bank vom wertschriftenhandels-zentrierten Bankingmodell ab, das die Deutsche Bank nach dem Fall der Mauer vor 25 Jahren von der Wall Street importierte.

Wird diese strukturelle Trennung im Bankgeschäft so umgesetzt wie heute verkündet, dann hat die Deutsche Bank den ersten Schritt zum Rückbau der anglo-amerikanischen Hyper-Finanzialisierung, gemacht, welcher die Welt die seit 2007 andauernde Finanzkrise verdankt.

Auch die UBS steckt auch mitten in einer Reorganisation, die allerdings einem anderen Drehbuch folgt. Die UBS splittet sich nicht strukturell sondern geografisch, entlang der Schweizer Landesgrenze. UBS gründete eine neue Schweizer Bank, die angeblich ohne Staatskredite gerettet werden kann, wenn sich die unreformierte Gesamtbank nochmals verspekuliert.

UBS-Nationalstrategie oder Deutsche-Bank-Strukturreform, das ist hier die Frage. Ich denke die Deutsche Bank machts besser, selbst wenn die Finma der UBS noch ein paar Prozente mehr Eigenkapital verordnen sollte.

Sonntag, 18. Oktober 2015

Ist NZZ-Feuilletonchef René Scheu der bessere NZZ-Chefredaktor als Auslandjournalist Eric Gujer?

Wenn ich NZZ-Verwaltungsrat wäre, würde ich Chefredaktor Eric Gujer raschmöglichst durch den neuen Feuilletonchef René Scheu ersetzen.

Warum?

Ein sattelfester liberaler Doktrinär eignet sich besser als Fahnenträger des angestrebten nzz.de Portals als ein geheimdienstnaher Aussenpolitiker.

Das zeigen die bisherigen Erfahrungen mit dem nzz.at Portal wo Gujer bislang keine Rolle zu spielen vermochte. Aus welcher Perspektive heraus sollte er auch die grosse Aussenpolitik kommentieren?Aus europäischer, amerikanischer oder gar aus schweizerischer?

Weil die drei deutschsprachigen Länder D, A und CH unterschiedliche politische und wirtschaftliche Interessen haben läuft Gujer bei nzz.at ständig Gefahr, sich in den chaotischen Niederungen der laufenden heissen und kalten politischen und militärischen Kriege zu verheizen. (Während NZZ-CEO Veit Dengler von der Abwesenheit des NZZ-Chefredaktors bei nzz.at profitieren, der sich dort als Blogger profilieren kann.)

Réne Scheu hingegen, der neue coole, liberale NZZ-Feuilletonchef könnte sowohl auf nzz.at als auch auf nzz.de brillieren. Und die Marke nzz.de im grossen Krieg der Ideen, Weltanschauungen und Religionen als relevante Plattform des entstehenden digitalisierten deutschen Sprachraums etablieren.

Dann hätten unsere lieben österreichischen Freunde von nzz.at einen gewieften antimonarchistischen Debattierer als Chef und die öffentlich-rechtlichen deutschen TV-Anstalten bekämen entlich eine Alternative zum ewigen Talkshow-Gast Roger Köppel.

Dienstag, 6. Oktober 2015

Die überschüssigen Währungsreserven der Nationalbank gehören in einen Staatsfonds

Die enormen Eurokäufe der Nationalbank zur Verteidigung der Kursuntergrenze von September 2011 bis Januar 2015 liessen die Fremdwährungsreserven der Schweizerischen Nationalbank explodieren.

Seit Januar 2015 wachsen die Fremdwährungsbestände weiter - und weiter solange das Vertrauen in den Franken als "Sicherer Hafen" weiterbesteht. Die Probleme von Dollar, Euro, Pfund und Yen lassen vermuten, dass dieser Effekt nicht so schnell verschwindet.

Heute beschränken die überschüssigen Fremdwährungsreserven ernsthaft die Wirksamkeit der geldpolitischen Instrumente der Nationalbank.

Wachsen sie noch weiter, mutiert die oberste Währungshüterin des Frankens zu einem geldpolitisch wirkungslosen Währungshedgefonds der seinen verfassungsmässigen geldpolitischen Auftrag der Verteidigung volkswirtschaftlichen Landesinteressen nicht mehr erfüllen kann.

Der Erhalt der Nationalbank als handlungsfähige Währungshüterin erfordert - im Landesinteresse - die raschmöglichste Ausgliederung von 400 Milliarden Fremdwährungsreserven auf die separate Rechnung eines Schweizerischen Staatsfonds.

Die Lücke die durch den Wegfall der überschüssigen Fremdwährungsreserven auf der Aktivseite der Nationalbankbilanz entsteht kann kompensiert werden durch den Wegfall von Giroguthaben des Bankensystems auf der Passivseite. Diese Giroguthaben sind nicht im Wirtschaftsraum Schweiz zirkuliendes, elektronisches Nationalbank-Buchgeld das entstand, weil die Nationalbank die bei den Banken gekauften Euros damit bezahlt hat.

Der Schweizerische Staatsfonds verwaltet Vermögen und den Ertrag im volkswirtschaflichen Landesinteresse.

Freitag, 25. September 2015

Die Schweiz braucht disruptive Innovation in der Bankenregulierung

Mark Branson ist vom Saulus zum Paulus geworden. Zur Zeit der Libor-Betrügereien war er Japan-Chef der UBS, heute ist er Chef der Schweizer Finanzüberwachung.

Aymo Brunetti, Ziehsohn des Hard-Core-Neoliberalen Silvio Borner, weist darauf hin, sein Neoliberalsmus sei weicher, auch der deutsche Bankenreformer Martin Hellwig habe ihn beeinflusst.

Branson und Brunetti sind Hand und Hirn der Schweizer Bankenregulierung. Sie wollen die bisherige Schweizer Selbstregulation des Bank- und Finanzwesens mit mehr oder weniger grossen Anpassungen weiterführen.

Bleibt man in Pestalozzis Bild von der Einheit von Hand, Hirn und Herz des Kindes, dann ist der Nationalrat das Herz der Bankenregulierung.

Gestern hat die Ratsmehrheit gegen die Branson-Brunetti Linie des Bundesrates zwei praktisch gleichlautende Motionen von SP und SVP für eine Strukturreform des Bankensystems angenommen. Nämlich die Einführung der gesetzlichen Trennung von Wertschriftenhandel (Spekulation) und Geschäftsbankwesen (Finanzierung der Realwirtschaft) unterstützt. Erwähnenswert ist, dass SP-Mann Daniel Jositsch gegen die SP-Parteilinie stimmte und SVP-Mann Thomas Matter der Abstimmung fernblieb.

Disruptive innovation heisst das im Silicon Valley.

Donnerstag, 24. September 2015

Bankenüberwachung: Nationalrat gegen Expertokratie

Heute Morgen hat der Nationalrat die Motionen von SP und SVP gegen die Grossbankenrisiken an den Bundesrat überwiesen.

Zusammengefasst fordert die grosse Kammer des Schweizer Parlamentes damit eine Einschränkung der Grossbankenrisiken durch eine wirtschaftspolitische Strukturreform des Bankensystems im Sinne einer strikten Trennung von Investmentbanken (Finanzspekulation) und Geschäftsbanken (Finanzdienstleistungen für die Realwirtschaft).

Damit hat sich der Nationalrat gegen die vom Bundesrat eingeschlagene Politik der expertengestützten Selbstregulation des Bankensystems gestellt, die keine Bankentrennung will.

Darüber sollten Prof. Aymo Brunetti und seinen Expertinnen und Experten auch mal diskutieren.

Montag, 21. September 2015

Pulverfass "Too big to fail": Die Schweiz braucht Trennbankensystem

Am nächsten Donnerstag (24.9.) um ca. 8.30 beantwortet Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf im Nationalrat drei Motionen zur "Too big to fail"Problematik:

·         13.3740 Mo. Fraktion V. Grundsätze zur Lösung des "Too big to fail"-Problems (Sprecher: Aeschi Thomas, SVP)

·         13.3743 Mo. Fraktion S. Bankensicherheitsmotion. Swissness-Trennbankensystem (Sprecher: Pardini Corrado, SP)

·         13.3744 Mo. Fraktion S. Bankensicherheitsmotion. Mehr Eigenmittel zum Schutz der Volkswirtschaft (Sprecherin: Leutenegger Oberholzer Susanne, SP)

Widmer-Schlumpfs wichtigster Fachexperte in der Bankenpolitik ist Prof. Aymo Brunetti von der Uni Bern. Brunetti diagnostiziert, gleich wie SP und SVP, noch immer das Risiko, das Bundeskasse und Nationalbank beim nächsten Finanzcrash nochmals gezwungen sein könnten rettend einzugreifen, weil die Volkswirtschaft einen Konkurs von UBS oder Credit Suisse nicht verkraften könnte.

Damit der Staat nicht nochmals eine Grossbank retten muss, empfiehlt Brunetti die Risikoreduktion durch Selbstregulation.

Die übergrossen UBS und Credit Suisse sollen das Problem intern lösen. Nämlich durch höhere Eigenkapitalanforderungen, eine weitere Bilanzschrumpfung und die Einführung einer separaten Schweizer Geschäftsbankstruktur, die im Notfall rasch abgetrennt werden kann.

Eine Strukturreform des Bankensystems durch eine gesetzlich festgeschriebene, kapitalmässige, organisatorische und personelle Trennung von Wertschriftenhandel/Investmentbanken und Geschäftsbanken lehnt Brunetti ab.

Aus Sicht der wirtschaftlichen Landesinteressen, so denke ich, ist die Devise "Risikoreduktion durch Selbstregulation im Bankensystem" von Experte Prof. Brunetti falsch. Die nachhaltige Entschärfung der volkswirtschaftlichen Risiken von UBS und CS ist ohne gesetzliches Trennbankensystem nicht zu haben.

Montag, 7. September 2015

Nationalbank verheizt Werkplatz - Nick Hayek, Peter Spuhler und Corrado Pardini halten dagegen

Bei der Beurteilung der Geld- und Währungspolitik der Nationalbank aus Sicht des wirtschaftlichen Landesinteresses ist beim Direktorium - bei allem Respekt vor individuellen Fähigkeiten - ein Defizit an realwirtschaftlichen Einsichten und Erfahrungen festzustellen.

Weder Thomas Jordan, noch Fritz Zurbrügg und Andréa Maechler verfügen über eigene Erfahrungen in der Wirtschaft. Sie haben im Elfenbeinturm (neoliberale) Ökonomie studiert und später in der statlichen Finanzbürokratie Karriere gemacht, Jordan bei der Nationalbank, Zurbrügg und Maechler beim IWF in Washington.

Dieses Defizit kann vielleicht erklären, weshalb das Direktorium meint, dem Werkplatz Schweiz eine existenzbedrohende Rosskur zumuten zu können. Die Kursfreigabe des Frankens, verbunden mit Negativzinsen und sporadischen Eurokäufen basiert auf modelltheoretischem Wunschdenken und der Überschätzung der langfristigen Wirkungsmöglichkeiten von Geld- und Währungspolitik.

Gut möglich, dass der Werkplatz die Zeche für die falsche Nationalbankpolitik dereinst nach dem Motto "Operation gelungen, Patient gestorben" zahlen muss.

Die beiden Top-Industriellen Nick Hayek und Peter Spuhler sind alarmiert. Der Industriechef der Gewerkschaft Unia Corrado Pardini auch. Die drei Akademiker an der Spitze der Nationalbank bedrohen sowohl das Privateigentum der Mitbesitzer des Konzerne Swatch und Stadler Rail, als auch zehntausende von Arbeitsplätzen.

Folgerichtig akzeptierten Hayek und Spuhler die Einladung zum Unia Industrietag vom kommenden Freitag in Bern, wo sie mit den Spitzengewerkschaften Paul Rechsteiner, Vania Alleva und Corrado Pardini gemeinsame Massnahmen zur Rettung des Werkplatzes Schweiz diskutieren.

Dabei dürfte auch die Schaffung eines Staatsfonds aus den überschüssigen Währungsreserven der Nationalbank zur Sprache kommen.

Dazu muss man wissen, dass die infolge anhaltender Eurokäufe ständig wachsenden überschüssigen Währungsreserven zum zweiten Grossrisiko der Schweizer Wirtschaft neben der anhaltenden Überbewertung des Frankens geworden sind.

Per Ende Juli 2015 beliefen sich die Währungsreserven auf 550 Milliarden Franken. Das sind 90 Prozent der Nationalbank-Bilanzsumme von 600 Milliarden.

Dieses krasse Missverhältnis schränkt den Spielraum der Geld- und Währungspolitik stark ein, und liess die Nationalbank von der Hüterin des stabilen Geldwertes zum hochriskanten Devisen-Hedgefonds mutieren. Deshalb müssen die überschüssigen Devisenreserven raschmöglichst aus der Nationalbankbilanz herausgelöst werden.

Dabei stellen sich zwei Fragen: Wieviel ist überschüssig und wie löst man das Geld aus der Bilanz?

Weil Central Banking nicht Wissenschaft, sondern Kunst ist, sind die Antworten auf diese Fragen in keinem Lehrbuch zu finden. Ich meinerseits gehe von einer Überschussquote von 50 Prozent aus. Anders gesagt kann die Nationalbankbilanz um 250 Milliarden Franken verkürzt werden.

Die Übertragung dieser Devisenmilliarden an einen Staatsfonds lässt die Aktivseite der Nationalbankbilanz um 250 Milliarden schrumpfen. Demensprechend muss auch die Passivseite schrumpfen.

Der zu schaffende Staatsfonds kann der Nationalbank keine Aktiven abkaufen weil er kein Geld hat. Der Aktiventransfer von der Nationalbank zum Staatsfonds ist durch Tilgung von Giroguthaben des Bankensystems auf der Passivseite der Nationalbankbilanz trotzdem möglich.

Die Giroguthaben sind reines Buchgeld, das durch geldpolitisch motivierte Devisenkäufe der Nationalbank entstand. Im realen Wirtschaftskreislauf ist dieses Buchgeld nie angekommen, was die Statistik durch die Übererfüllung der Mindestreservepflicht für Kreditausleihungen des Bankensystems um 2800 Prozent widerspiegelt.

Per Ende Juli 2015 beliefen sich die Giroguthaben des Bankensystems auf 416 Milliarden Franken. Die Reduktion dieses überschüssigen - mehr noch geldsystemwidrigen - Buchgeldbestandes um 250 Milliarden ist durch einen von Nationalbank, Bundesrat und Parlament gestützten dringlichen Bundesbeschluss machbar.

Der volkswirtschaftlichen Funktion des Bankensystems  entstehen dadurch keine gröberen Probleme. Im Gegenteil. Der Aktiventransfer Nationalbank-Staatsfonds ist ein klassisches Win-Win-Geschäft. Die Nationalbankbilanz bekommt den vollen geld- und währungspolitischen Spielraum zurück und der Wirtschaftsraum Schweiz bekommt einen Staatsfonds.

Dienstag, 25. August 2015

Börsencrash in China öffnet Graben zwischen Staatskapitalismus und Finanzkapitalismus

Während die Börsenkurse nach dem 8%-Verlust in Shanghai  heute nochmals etwa gleichviel absackten, steigen heute Morgen die Börsenkurse in Europa sowie die Kurse der US-Aktienfutures wieder an.

Ob das für China schlecht ist, und für Europa und die USA gut ist eine offene Frage.

Möglich ist, dass der Aktiencrash den chinesischen Staatskapitalismus tendenziell stabilisiert und den europäischen und amerikanischen Finanzkapitalismus tendenziel destabilisiert.

Insofern dass der  zentrale Kampf der KP China gegen die Korruption durch den rasanten Fall der Börsenkurse gestärkt wird, weil er die wichtigste Institution der exzessiven privaten Bereicherung unterläuft. Volkswirtschaftlich haben die Aktienmärkte im staatskapitalistischen China keine entscheidende Bedeutung, weil dort nicht der Markt die relevanten Weichenstellungen der Kapitalallokation fällt, sondern das Politbüro in Peking.

Kommt noch dazu, dass die seit Jahresbeginn explodierten chinesischen Börsenkurse wieder auf dem realistischerem Niveau von Ende Dezember 2014 angekommen sind. Wie in den Romanen des chinesischen Schriftstellers Lu Xun nachgelesen werden kann waren die Schanghai-Kapitalisten schon immer leidenschaftliche Gambler.

Umgekehrt bleiben die Börsenkurse in Europa und Amerika nach acht Jahren Geldschwemme stark überbewertet.  Und die Zentralbanken bekommen durch den Crash noch ein Argument, ihre langfristig schädlichen Nullzins- und QE-Programme weiterzuführen.

Während das staatskapitalistische China wird mit den gefährlichen Exzessen der Aktienbörsen konfrontiert wird und handeln muss, verladen die Zentralbanken im finanzkapitalistischen Europa und USA die Aktienmärkte weiterhin mit dem Opium des billigen Geldes.

Die Zeit wird zeigen, ob dem tatsächlich so ist. Heute schon sicher darf gelten, dass der Börsencrash in China den Graben zwischen Staatskapitalismus und Finanzkapitalismus vertieft, und so zum weiteren Sargnagel für die US-dominierten, dollarbasierten, globalisierten Finanzmärkte wird.

Freitag, 21. August 2015

Fintech ohne Finanzregulierung - Ruedi Nosers explosiver Mix

Da schreibt doch gestern Ruedi Noser in der NZZ der Bundesrat solle eine Denkpause einlegen und auf die geplanten Anpassungen der "Too-big-to-fail"-Gesetzgebung verzichten. "Wer das Heil allein in der Regulierung sieht",  so Noser, "schafft mit Sicherheit nur eines: eine heillose Bürokratie."

Das ist Fortführung der 2008 gescheiterten neoliberalen Deregulierung im Finanzwesen. Und ein Freipass zu neuen Hochrisikogeschäften für UBS und Credit Suisse, Gratis-Staatsgarantie inklusive.

Nein. Die "Too-big-to-fail"-Problematik, das immer noch ungelöste Strukturproblem des Schweizer Bankensystems darf nicht schubladisiert werden. UBS und Credit Suisse sind, obwohl mittlerweilen geschrumpft und in einem Reorganisationsprozess, im Vergleich zur Realwirtschaft des Frankenraumes immer noch zu gross. Die beste Entschärfung dieses volkswirtschaftliche Grossrisikos ist und bleibt die bankgesetzliche Trennung von Geschäftsbanken und Wertschriftenhandelsbanken. (Vollgeld bringt hier nichts, doch das ist eine andere Geschichte.)

Ein nach Noser-Rezept unterregulierter Finanzplatz wäre auch schlecht für den neuen Bahnhofstrassen-Hype Fintech. Sprich die digitale Bankenrevolution. Die ganzen hyperkomplexen Fintech/Blockchain/Krypto-Technologien benötigen neben stabileen technischen Infrastrukturen auch stabile, das heisst staatlich regulierte Finanzinfrastrukturen und Banksysteme.

Ohne volkswirtschaftliche Systemstabilität kein Fintech. Und diese Stabilität kriegt man auf Basis eines trotz Finanzkrise unreformierten Marktfundametanlismus nicht hin.

Montag, 17. August 2015

Der Stammtisch im Zeitalter der digitalen Revolution

Der reservierte Tisch für regelmässige Gäste existiert seit es Gasthäuser gibt. Und das ist schon lange.

Unvergessen blieb mir der Stammtisch im Restaurant Krokodil an der Zürcher Langstrasse, wo meine Eltern einstmals gewirtet haben. Fröhliche Männer am grossen runden Tisch mit dem grossen Metallascher in der Mitte, die redeten, tranken, assen, rauchten und mit der Serviertochter anbändelten, wie man die Servicefachfrauen damals nannte.

Eine Szene in Goethes Faust bringt das tiefere Geheimnis solcher Stammtische auf den Punkt, nämlich die Produktion kollektiver Gefühlswärme durch Verschmelzung von Individuen zur realexistierenden Gruppe.

"Uns ist ganz kannibalisch wohl, als wie fünfhundert Säuen!", singen die Zecher im Auerbachs Keller. Dann lässt einer sein nationales Ressentiment gegen die Franzosen raus und sagt: "Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden, doch ihre Weine trinkt er gern."

Das tiefere Geheimnis der heutigen Social Media Kanäle hingegen, ist die Produktion individueller Gefühlswärme durch die Verschmelzung von Individuen zur virtuell existierenden Gruppe.

Fällt die analoge Hosensackwärme der alten Stammtische à la Krokodil oder Auerbachs Keller der digitalen Revolution zum Opfer, oder kann sich der in Echtzeit auf Youtube und andere Videokanäle übertragene Stammtisch im digitalen Universum neu erfinden, das ist hier die Frage.

Mittwoch, 29. Juli 2015

Die Wiedergeburt des Stammtisches als Social Media Plattform

Der Begriff "Plattform" ist eine wichtige Kategorie zur Analyse der digitalen Transformation, die mittlerweilen auch die hintersten Winkel der Welt erfasst, sagen die Internet-Theoretiker Sascha Lobo und Adrienne Fichter.

Auf seinem Blog operiert Sascha Lobo mit dem Begriff "Plattform-Kapitalismus" und versteht darunter den Einsatz digitaler Plattformen zur Profitmaximierung ohne Eigenkapital durch Vermittlung von Wohnungen (AirB&B), Autos (Uber) und anderem.

In gewisser Weise ist dieser Plattform-Kapitalismus eine Neuerfindung des von Walter Eucken während der Zeit des Dritten Reiches entwickelten Ordoliberalismus, den Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard nach Hitlers Höllenfahrt in Form der Westdeutschen Sozialen Marktwirtschaft erfolgreich konkretisierten. Nämlich insofern, als Plattform-Kapitalismus und Ordoliberalismus beide zwingend einen Garanten und Enforcer brauchen. Ohne Google, Apple, Uber & Co. kein Plattform-Kapitalismus, ohne wirtschaftspolitische Leitplanken des Staates kein Ordoliberalismus. (Kleiner Exkurs für Insider: Der aktuelle Krach in der Hayek-Gesellschaft zeigt den Bruch des nach dem Zweiten Weltkrieg zustandegekommenen Kompromisses zwischen der Hayekschen, neoliberalen freien Marktwirtschaft mit den Euckenschen,  ordoliberalen sozialen Marktwirtschaft.)

Adrienne Fichter operiert auf ihrem Blog mit dem Begriff  "Plattform-Journalismus" und versteht darunter einen neuen Typ von umfassenden nicht kostenpflichtigem Social-Media-Journalismus, wo nach den Vorstellungen der amerikanischen Giganten Google, Facebook & Co. auch die Produkte des NZZ-Journalismus eingegliedert werden sollen.

Als Social-Media-Fachfrau der NZZ sorgt sich Fichter ob dieser Plattform-Journalismus nicht das Geschäftsmodell der NZZ bedroht, die Nachfrage nach Information, Meinung und Unterhaltung mit kostenpflichtigen Qualitätsprodukten zu bedienen. Ob die Devise "Facebook-First" sinngemäss nicht darauf hinausläuft, Perlen vor die Säue zu werfen?

Mal abgesehen davon, dass der nur allzuoft von neoliberalen Dogmen und neokonservativen Vorurteilen getrübte NZZ-Journalismus nicht einfach gut ist, wie Fichter suggeriert, hat sie damit die Existenzfrage der NZZ definiert: digitale Transformation oder Tod.

Soweit sogut, doch was hat das alles mit der Wiedergeburt des Stammtisches als Social Media Plattform zu tun? Nun, der Zusammenhang liegt im Prinzip Platform. Der Stammtisch ist eine realexistierende Kommunikationsplattform für Menschen seit es Gasthäuser gibt. Das Aufkommen der Social Media Kanäle hat diese Stammtischkultur ausgedünnt.

In einem neuen Gastrobetrieb am Helvetiaplatz in Zürich soll jetzt der alte Stammtisch neu erfunden werden. Die Idee ist, die analoge Stammtischdiskussion der Gäste durch die Echtzeitübertragung auf Social Media Kanäle zusätzlich zum authentischen, digitalen Plattform-Journalismus werden zu lassen.

Dienstag, 7. Juli 2015

Das Elend der Tages-Anzeiger Chinaberichterstattung

Seine zwei Chinakorrespondenten Kai Strittmatter und Marcel Grzanna teilt sich der Tages-Anzeiger, wohl aus Kostengründen, mit der Süddeutschen Zeitung. Das Duo Strittmatter/Grzanna, meine ich, rapportiert tendenziös antichinesisch, oder anders gesagt tendenziös proamerikanisch.

Okay, das kann man auch anders sehen, darum geht es an dieser Stelle auch nicht. (Darüber habe ich mich mit Grzanna bereits anderweitig ausgetauscht.)

Vielmehr geht es darum, dass die zwei Tages-Anzeiger Chinakorrespondenten notorisch - sag ich als einer der diese Zeitung aus alter (schlechter?) Gewohnheit zum täglichen Morgentee liest - nicht in der Lage sind, einer hiesigen Leserinnenschaft wirtschaftlich relevante China-Informationen aus Schweizer Sicht zu vermitteln.

Heute darf Grzanna wieder einmal den chinesischen Staatskapitalismus aus der Perspektive des anglo-amerikanischen Finanzkapitalismus schlechtschreiben, während die für die Schweiz, insbesondere den Finanzplatz Zürich relevante Geschichte der kommenden Renminbi-Drehscheibe durch einen umfangmässig viel kleineren Bericht der Schweizerischen Depeschenagentur abgedeckt wird.

Warum schreiben Strittmatter und Grzanna nie etwas über die chinesische Seite des Franken-Renminbi-Hubs in Schanghai?

Könnte es sein, dass der Aufstieg des Renminbi zur globalen Reservewährung den zwei Amerikafreunden missfällt?

Sollte sich der Tages-Anzeiger eine aus Sicht der wirtschaftlichen Landesinteressen relevante Chinaberichterstattung mehr kosten lassen?

Fragen, Fragen, Fragen........


Freitag, 3. Juli 2015

Voran im Aufbau von nzz.de - sagen NZZ-CEO Veit Dengler und FDP-Vorsitzender Christian Lindner

Anfang Woche besuchte Christian Lindner, Bundesvorsitzender der Freien Demokratischen Partei Deutschlands, die Räumlichkeiten des österreichischen Online-Ablegers der Neuen Zürcher Zeitung nzz.at in Wien.

Man darf annehmen, dass Lindner mit dem ebenfalls anwesenden NZZ-CEO Veit Dengler auch die Chancen der geplanten Onlineplattform nzz.de im Post-Merkel-Deutschland ventilierte.

Meinen tweet "Voran im Aufbau von nzz.de" hat Lindner jedenfalls weiterverbreitet.

Daraus lese ich, dass der Ehrgeiz des Österreichers Dengler, das Schweizer Traditionsblatt NZZ mit Hilfe seiner Landsfrau Anita Zielina zur führenden neoliberalen Online-Plattform im deutschen Sprachraum umzubauen, dem deutschen Parteichef Lindner helfen könnte, seine serbelnden Freidemokraten ideologisch für die Post-Merkel-Zeit fit zu trimmen.

Sollte ich mit dieser Einschätzung nicht voll neben den Schuhen stehen, dann sollten Dengler/Zielina bei Aufbau von nzz.de inhaltlich primär auf die Thematik Wirtschaftsliberalismus und neoliberale Wirtschaftspolitik setzen.

Auf nzz.de müssen die Wirtschaftseliten Post-Merkel-Deutschlands (inkl. austro-helvetischer Anhang) lesen können, was zu tun ist, wenn sie in Europa oben bleiben wollen.

Damit rückt die laufende Auseinandersetzung in der Hayek-Gesellschaft in den Fokus, wo es letzlich um die Klärung der fundamentalen Differenz zwischen dem Eucken'schen Ordoliberalismus und Hayek'schen Neoliberalismus geht.

In einem Satz kann die fundamentale Differenz dieser zwei Denkschulen wie folgt zusammengefasst werden. Freiheit zuerst, sagt Hayek, freie Bahn dem freien Bürger im freien Wettbewerb auf freien Märkten; Staat zuerst, sagt Eucken, Wettbewerb ja, aber gezähmt durch staatliche Leitplanken.

Die unheilige Allianz zwischen dem Freimarktwirtschaftler Hayek und dem Sozialmarktwirtschaftler Eucken kam Ende der 1940er Jahre unter dem Banner des Kalten Krieges gegen die sowjetische Planwirtschaft zustande. Nach dem Untergang der sowjetischen Planwirtschaft 1991 sind dann die Differenzen zwischen Hayek und Eucken weitgehend verkleistert worden, nicht zuletzt auch vom einstigen NZZ-Wirtschaftschef Gerhard Schwarz.

Ob die NZZ ihre Chance, mit dieser Thematik Klicks im grossen Kanton zu ernten erkennt, steht bislang noch auf einem anderen Blatt. Der NZZ-Chefredaktor und neokonservative Geopolitiker Eric Gujer vermag nach eigenem Bekunden zwischen Neoliberalismus und Ordoliberalismus keinen Unterschied zu erkennen, obwohl die Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik eine Hauptfront des grossen Systemwettbewerbes ist, der heute zwischen dem anglo-amerikanischen Finanzkapitalismus und dem BRICS-Staatskapitalismus tobt.

Dienstag, 30. Juni 2015

Schmutziges Floating - Thomas "Wunschdenker" Jordan macht den Franken zum Spekulationsobjekt

Schattenbanker, Hedge Fonds und Währungsspekulanten können sich die Hände reiben. Mit seiner Politik des schmutzigen Floatens macht Thomas Jordan den Franken zur Spekulationswährung.

Schmutziges Floaten heisst sporadische Eurokäufe falls nötig zur Stabilisierung des Euro-Frankenkurses.  Diese Währungspolitik der Nationalbank beschert der internationalen Währungsspekulation ein neues Geschäftsfeld - auf Kosten des Werkplatzes Schweiz!

Damit macht die Nationalbank den Franken zur Spekulationswährung neben Dollar, Euro, Jen, Pfund und dem Kanada- und Australienollar.

In den Handelsalgorithmen der Währungsspekulanten spielt der Franken wieder einmal seine traditionelle Rolle des kleinen, sicheren Hafens. Alle anderen Währungen sind mehr oder weniger angeschlagen.

Dagegen hilft schmutziges Floaten nicht.

Um den Kapitalzustrom in die Schweiz zu stoppen brauchen wir Kapitalimportkontrollen.

Zum Beispiel Negativzinsen auf Frankenkonten, die von Ausländern gehalten werden. U.a. m.

Freitag, 26. Juni 2015

René Scheu und Karen Horn - Vorwärts im Aufbau von nzz.de

Nzz.at war nur der Anfang.

Zwei Meldungen in der heutigen NZZ zeigen: die zwei Austro-Amerikanerinnen und der deutschschweizer Geostratege im NZZ-Führungskollektiv geben Gas im Aufbau von nzz.de.

Der neue NZZ-Feuilletonchef René Scheu und die NZZ-Schützenhilfe für Karen Horn im Streit um die Ausrichtung der Hayek-Gesellschaft positionieren die NZZ mitten im Titanenkampf um die politische und wirtschaftliche Ausrichtung Post-Merkel-Deutschlands.

Auf nzz.de können ideologische Schwergewichte des Liberalismus wie Scheu und Horn den verunsicherten deutschen Eliten die Unterschiede von Neoliberalismus, Anarcholiberalismus, Ordoliberalismus und Linksliberalismus erläutern.

Wie müssen Gleichheit der Menschen, Solidarität der Besitzlosen und Freiheit des Privateigentums gemischt werden, damit die Welt wie wir sie kennen nicht untergeht.

Dienstag, 16. Juni 2015

Kapitalimport beschränken heisst Franken schwächen, heisst Arbeitsplätze erhalten

Die Hoffnungen der Nationalbank, dass die Anfang Jahr eingeführten Negativzinsen den Euro-Frankenkurs auf deutlich über 1.10 anheben, sind verpufft. Zurzeit pendelt der Kurs unter 1.05. Angesichts des krisengebeutelten Eurolandes ist davon auszugehen, dass weiterhin viel Kapital in den (noch) relativ sicheren Hafen Schweiz fliesst, und sich der Euro-Frankenkurs Richtung Parität bewegt.

Eine längerdauernde Euro-Frankenparität kann die Schweizer Exportindustrie mit betriebswirtschaftlichen Massnahmen nicht verkraften. Der Verlust zehntausender Arbeitsplätze, Desindustrialisierung und Rezession wären die Folge.

Dies muss die Nationalbank gemäss ihrem Mandat in wirtschaftlichem Landesinteresse verhindern. Fragt sich bloss wie?

In der grossen politischen und wirtschaflichen Krise in Europa und auf der Welt lässt sich der Frankenkurs mit Geldpolitik allein nicht mehr genügend stark schwächen. Mittlerweilen sind die unerwünschten Nebenwirkungen von Negativzinsen auf Giroguthaben der Banken sowie der durch unbegrenzte Devisenkäufe erzwungenen Kursuntergrenze  grösser, als allfällige positive Wirkungen dieser Massnahmen.

Sollen Rezession und Desindustrialisierung verhindert werden, brauch die Schweiz heute stärkeren Tobak. Kapitalimportbeschränkungen!

Flashback - Zusammenbruch des Bretton-Woods-Fixkurs-Weltwährungssystems 1973.

Damals bewirkte die Einführung flexibler Wechselkurse einen massiven Aufwertungsdruck auf den Franken. Darauf antwortete der Bundesrat wiederholt und erfolgreich mit notrechtsgestützten staatlichen Massnahmen. Diese Massnahmen wurden 1978 als Artikel 16i ins Nationalbankgesetz aufgenommen, seit 1980 nicht mehr angewendet und schliesslich  2002 bei der Revision (sprich Neoliberalisierung) des Nationalbankgesetzes ersatzlos gestrichen.

Was waren das für Massnahmen?

Der 2002 gestrichene Artikel 16i NBG sah vor, dass der Bundesrat zur Abwehr eines übermässigen Kapitalzuflusses aus dem Ausland, das die Wirtschaftsentwicklung der Schweiz stört, auf dem Verordnungswege eine Reihe von Massnahmen einführen konnte. Nämlich die Einführung von Negativzinsen für Bankguthaben von Ausländern, die Begrenzung der Devisentermingeschäfte mit Ausländern, die Einschränkung oder das Verbot für den Erwerb inländischer Wertpapiere durch Ausländer, die Bewilligungspflicht für die Aufnahme von Krediten im Ausland durch Inländer, die Vorschrift zum Ausgleich der Fremdwährungspositionen bei inländischen Banken, die Begrenzung der Einfuhr ausländischer Banknoten sowie die Ermächtigung an die SNB zum Abschluss von Devisentermingeschäften mit einer Verfallzeit bis zu zwei Jahren.

Hic Rhodos, hic salta - an die Arbeit Eveline Widmer-Schlumpf und Serge Gaillard!

Sonntag, 14. Juni 2015

Grossgekopfte Konfusion - Die NZZ-Redaktion hat den Kompass verloren

Es bleibt einem aber auch gar nichts erspart im Leben. Da springt mir doch in der jüngsten Ausgabe der WOZ das zeitungsseitengrosse Konterfei von Chefredaktor Eric Gujer ins Gesicht. Unterlegt mit griffigen Sprüchen aus dem desodorierten Wörterbuch eines nichtssagenden Allerweltsliberalismus. In den kommenden Wochen sollen der geneigten Leserschaft auch noch Gujers Vertrauensleute in der Redaktion mit gleich gestalteten Inseraten nähergebracht werden.

Offensichtlich hat der bislang einer breiteren Öffentlichkeit noch unbekannte, aufgrund besonderer Umstände bei der NZZ hochgespülte, in seinem Amt ungetestete Gujer ein Problem mit den gut bekannten, skandalgestählten, politisch andersdenkenden Chefs Roger Köppel und Markus Somm seiner deutschschweizer Konkurrenzblätter. Und auch Res Strehle könnte dem Globalisten und Geheimdienstspezialisten Gujer noch Probleme bereiten, wenn ihn sein Verleger nach der Pensionierung die Welt weiterhin als Tamedia-Edelfeder kommentieren lässt.

Von wegen verlorenem Kompass der NZZ-Redaktion hier soviel. Im redaktionellen Lead zum Gujer-Leitartikel "Im Klammergriff der Visionäre" in der heutigen NZZ-Wochenendausgabe heisst es sinngemäss, dass nur der Pragmatismus gegen diesen Klammergriff helfen könne. Doch diese Zusammenfassung widerspricht dem Gujer-Text diametral.

Auslandsjournalist Gujer ist ein Geostratege. Er und seinesgleichen nehmen's nicht wie's kommt. Mitnichten. Auslandsjournalisten wie Gujer gehen städig an Nato-, Antiterror- und sonstige Sicherheitskonferenzen, unterhalten sich dort mit allerhand Journalisten, Generälen, Funktionären, Geheimdienstlern und schreiben dann ihre Artikel und Bücher. Wer Gujer liest weiss, der Mann hat eine globale Perspektive und weiss Freund und Feind zu unterschieden.

Die Schweizer Europapolitik geisselt Gujer denn auch folgerichtig nicht aus Schweizer, sondern aus Europäischer Perspektive. Wie wenn die Schweiz bereits Mitglied von EU und Eurozone wäre. Pragmatismus bei der Verteidigung wirtschaftlicher Landesinteressen geht anders.

Freitag, 12. Juni 2015

Vorwärts Eidgenossen, noch ist unser Finanzplatz nicht verloren!

So wie den eidgenössischen Leichenbergen vor 500 Jahre in Marignano ein lukratives Söldnerabkommen mit dem Franzosenkönig entsprang, sollen die Trümmer des von USA und EU abgewrackten Geldwasch- und Steuerhinterziehungsparadieses den neuen Finanzplatz Schweiz gebären.

Letzten Dienstag tagte erstmals der vom Bundesrat eingesetzte neue "Beirat Zukunft Finanzplatz", auch Expertengruppe Brunetti genannt.

Dieser hinter verschlossenen Türen tagende Beirat unter dem Vorsitz von Prof. Aymo Brunetti hat 19 Mitglieder. Sie decken das gesamte Spektrum der Schweizer Wirtschaft ab, vom Gewerkschaftsbund über den Gewerbeverband bis zu den Banken und Versicherungen, inklusive Nationalbank, Bundesverwaltung und Wissenschaftsvertreterinnen. 

Alles was hierzulande Rang und Namen hat macht mit, von UBS-Chef Axel Weber über SNB-Direktor Fritz Zurbrügg und Gewerksschaftsökonom Daniel Lampart bis zu Gewerbeverbandspräsident Hans-Ulrich Bigler.

Das ist eidgenössischer Neokorporativismus pur, allerschönster Schweizer Staatskapitalismus. 

Genau von diesem Wirtschaftsverständnis sind unsere beiden neoliberalen Neo-Züricherinnen an der Spitze der NZZ Veit Dengler und Anita Zielina ihren heimatlichen Gefilden entflohen. Als Twitter-follower der beiden leide ich mit, wenn sie sich über die neokorporativistische Österreichische Innenpolitik grämen.

Umso schlimmer, dass nzz.ch das eidgenössische Rapprochement zu den chinesischen und russischen Wirtschaftsmethoden bislang unkritisiert durchgehen liess - nzz.at ich zähle auf euch!


Donnerstag, 14. Mai 2015

NZZ-Chefredaktor Eric Gujer: Neokonservativer oder Liberaler?

Einer der sagt «Wir sind ordoliberal. Sie könnten auch neoliberal sagen.» wie Eric Gujer im Interview mit dem Tages-Anzeiger nach seiner Wahl zum NZZ-Chefredaktor, hat nichts vom Liberalismus begriffen. Oder macht sich als Hardcore-Neokonservativer über liberale Tussis lustig.

Ich habe Ende der Sechzigerjahre an der Uni Zürich Vorlesungen und Seminare von Friedrich Lutz besucht. Der war ein ordoliberaler Ökonom. Anders als sein Lehrer Walter Eucken, der während des Dritten Reiches an der Uni Freiburg im Breisgau in Amt und Würden verblieb, emigrierte Lutz in die USA und kam Anfang der 1950er Jahre nach Zürich.

Unvergessen blieb mir, wie Lutz uns damals die seiner Meinung nach verfehlte Politik des Reichskanzlers Heinrich Brüning schilderte, die er persönlich miterlebte. Brüning versuchte 1930 die beginnende Weltwirtschaftskrise mit einem dramatisch gescheiterten, scharfen Sparprogramm zu Bekämpfen. (Ähnlich dem Austerityprogramm, das seine Amtsnachfolgerin Angela Merkel heute den Griechen aufzwingt, doch das ist eine andere Geschichte.)

Der Ordoliberale Lutz hat Brüning kritisiert, weil er dagegen war, dass sich der Staat in der Krise aus der Wirtschaft zurückzieht, und das Feld dem Wettbewerbsprinzip im Sinne des Rechts des Stärkeren überlässt. Ordoliberale wie Friedrich Lutz, Walter Eucken oder Franz Böhm verstanden den Wettbewerb als Leistungswettbewerb von Gleichberechtigten, nicht als Vernichtungskrieg des Stärkeren gegen den Schwächern. Eine solche Art von Wettbewerb - Vorbild war die antike Olypmiade - braucht Staat als Regulator. Der Kern des Ordoliberalismus ist die Vorstellung, dass der Wettbewerb nur mit staatlichen Leitplanken gut ist. Der Ordoliberalismus entstand, was heute weitgehend vergessen ist, Ende der 1930er Jahre an der Uni Freiburg im Breisgau als wettbewerblich-liberales Korrektiv der nationalsozialistischen Plan- und Kartellwirtschaft. 

Der Kern des Neoliberalismus ist gerade das Umgekehrte vom Ordoliberalismus, nämlich ein ungebrochener Glaube an den freien Wettbewerb: Friedrich A. Hayek, Milton Friedman, Ayn Rand.

Diesen fundamentalen Unterschied sollte ein NZZ-Chefredaktor kennen. Ansonsten ist er von der Liberalismus Diskussion intelektuell überfordert, welche die Gebrüder Meili mit ihrem offenen Brief in Sachen Erbschaftssteuer-Abstimmung vom 14. Juni angestossen haben. 

Die Gebrüder Meili, selber Millionenerben unterstützten die Einführung der Erbschaftssteuer auf Bundesebene: «Die Erbschaftssteuer ist ein Kind des Liberalismus" sagen sie, und kritisieren die NZZ wegen einer polemisch-tendenziösen Berichterstattung gegen eine echt liberale Forderung.

Schon erstaunlich, während sich NZZ-Chefredaktor Eric Gujer mit undifferenzierten Haltungen zu Grundsatzfragen des Liberalismus profiliert, mischt sich NZZ-CEO Veit Dengler zunehmen in die hiesige politische Diskussion um liberale Grundsatzfragen ein. Am Zürihorn organisiert Dengler mit der freisinnigen Nationalrätin Doris Fiala eine internationale Liberalismuskonferenz. Neos Schweiz? Tja, zumindest hat der Freisinn neben naiven Bernerinnen auch noch schlaue Züricherinnen vorzuweisen.

Donnerstag, 7. Mai 2015

Falschmeldung korrigiert: NZZ-Chefredaktor Eric Gujer nicht im Beirat des Schweizer Nachrichtendienstes

Auf der Webseite der neoliberalen Kulturpublikation "Schweizer Monatshefte" war die unterdessen entfernte Falschmeldung zu Lesen, NZZ Chefredaktor Eric Gujer sitze im Beirat des Schweizer Nachrichtendienstes.

Das ist, wie Medienjournalist Nick Lüthi twitterte, unwahr.

Wahr ist, dass Eric Gujer 2006 das Buch publizierte "Kampf an neuen Fronten - Wie sich der BND dem Terrorismus stellt" . BND heisst (Deutscher) Bundesnachrichtendienst. Wahr ist auch, dass die neokonservative US-amerikanische pressure group "American Enterprise Institute" AEI Gujer als BND-Experten zu Wort kommen liess in einem Reader über unterschiedliche Ansätze der Antiterrorbekämpfung in Europa und den USA.

Also darf man sagen, der neue NZZ-Chefredaktor ist Experte für Sicherheitspolitik, Antiterrorkampf und Geheimdienstarbeit. In seinem Kommentar zur Münchner Sicherheitskonferenz von Anfang Februar forderte Eric Gujer denn auch Waffen für die Ukraine.

Zugegeben, Ende der 1960er Jahre forderten wir auch Waffen für den Vietcong und Anfangs der 1980er Jahre Waffen für El Salvador. Doch heute kann ich solch aggressiven Bellizismus nicht mehr goutieren. Krieg, insbesondere Angriffskrieg, ist immer die schlechtere Lösung. Gujers Parole, Waffen für die Ukraine ist eine schlechte Parole, die den dortigen Konflikt nur verschärft.

So gesehen kann man sich fragen, ob ein scharfer Sicherheitspolitiker mit exzellenten Kontakten zu BND und AEI das richtige Profil für den Job an der Falkenstrasse hat.

NACHTRAG: Soeben hat mir Nick Lüthi mitgeteilt, dass sei sein tweet allein auf der Aussage von Eric Gujer beruhte. Muss also noch aus zweiter, unabhängiger Quelle bestätigt werden.

Montag, 23. März 2015

Negativzinsen der Nationalbank - Frontalangriff auf Sozialwerke, Staatskasse und Finanzarchitektur

Nationalbankpräsident Thomas Jordan will den bisherigen Anteil der von den Negativzinsen betroffenen 160 Milliarden Franken Giroguthaben weiter ausdehnen.

Als guter neoliberaler Finanzökonom hofft Prof. Jordan mit seinen Negativzinsen korrigierend in die Kapitalmärkte einzugreifen, in dem Sinne dass in den sicheren Hafen Schweiz fliessendes Finanzkapital abgeschreckt wird und der Frankenkurs dadurch sinkt. Und nimmt dabei drei gravierende Nachteile in Kauf:

1. Für die grossen Sozialwerke AHV, Krankenversicherung und Pensionskassen, deren Tresorerie über SNB-Girokonten läuft bedeuten Negativzinsen höhere Beiträge und tiefere Renten.

2. Negativzinsen erschweren das noch immer ungelöste Problem der Too-Big-To-Fail-Grossbanken weil sie UBS, CS und ZKB gegenüber den mittleren und kleinen Banken bevorzugen.

3. Negativzinsen erschweren den drängenden Abbau der überschüssigen Girogelder in der Nationalbankbilanz. (Zum komplexen Zusammenhang Negativzinsen-Girogelder hier ein kleiner Explainer: In- und ausländische Banken, Bund, Kantone, AHV, Krankenkassen, Pensionskassen, aber keine Non-Finanz-Privatunternehmen oder Privatpersonen unterhalten bei der Nationalbank sogenannte Girokonten. Total liegen zurzeit auf den Girokonten rund 450 Milliarden Franken Guthaben dieser Institutionen. Davon sind 376 Milliarden Giroguthaben inländischer Banken, die zu über 90 Prozent als Folge der  Nationalbank-Eurokäufe entstanden sind. Und zwar leistungslos entstanden sind. Der SNB-Eurokaufmeccano läuft wie folgt: SNB bestellt Euros bei Bank X und zahlt mit SNB-Girogeld, das sie aus dem Nichts geschöpft hat. Bank X kauft diese Euros bei Bank Y und bezahlt NICHT mit dem erhaltenen SNB-Girogeld, sondern räumt der Bank Y eine Gutschrift auf deren Konto bei ihr (Bank X) ein. Das SNB-Girogeld bleibt als Guthaben der Bank X auf auf dem SNB-Girokonto von Bank X liegen. Die solcherart etwa 350 Milliarden leistungslos entstandenen überschüssigen Giroguthaben der Banken bei der Nationalbank sind zu einem grossen Problem von Finanzwirtschaft und Realwirtschaft des Frankenraumes geworden. Diese Gelder gehören dem Volk und nicht den Banken. Capischi?)

Das Verdikt zur aktuellen Geldpolitik der Nationalbank ist klar. Negativzinsen aus der dogmatisch-neoliberalen Küche Prof. Jordans sind nicht im wirtschaftlichen Landesinteresse. Auf die Dauer schadet dieses Instrument sowohl dem Volk, als auch der Finanzarchitektur des Franken-Wirtschaftsraumes.

Donnerstag, 12. März 2015

Machtmensch Eric Gujer und die freiheitlich-liberale NZZ-Redaktion

Etienne Journod, Veit Dengler und Eric Gujer stehen für das Programm,  die Neue Zürcher Zeitung von der printlastigen Wirtschaftszeitung für die Schweiz zum elektronischen Organ der amerikatreuen Globalisten im deutschen Sprachraum umzubauen.

Es geht um die Konstruktion des Europapfeilers Zürich-Berlin-Wien einer entschweizerten neuen Transatlantikbrücke. Widerlager in Washington sind die neokonservativen Scharfmacher, nicht die demokratischen Realisten.

Für dieses Progamm ist der Neokonservative anglo-amerikanischen Typs Eric Gujer der ideale Chefredaktor, was ich - Bingo - bereits im vergangenen Juni geschrieben habe. Der Nationalkonservative Markus Somm als NZZ-Chef wäre eine Fehlbesetzung gewesen. Einen eidgenössischen Patrioten der Bücher über Marignano schreibt, lachen die Mädels und Jung von nzz.at und bald auch nzz.de nur aus. (Der Kampf Journod-Dengler-Gujer gegen Blocher-Köppel-Somm in der Schweiz dürfte sich verschärfen, doch das ist eine andere Geschichte)

Die kommerzielle Seite des neuen NZZ-Programms ist wichtig, aber zweitrangig. Solange die Klickzahlen stimmen, werden politisierte Oligarchen, neokonservative US-Stiftungen und andere kapitalkräftige Sympathisanten die Löcher stopfen.

Machtmensch Gujer, Player Dengler und Buchhalter Journod,  die neue NZZ-Führungstrojka steht. Fehlt bloss noch der freudige Sukkurs der freiheitlich-liberalen Redaktoren und Korrespondenten - The stakes are high folks.

Freitag, 6. März 2015

Nationalbank im Landesinteresse reorganisieren

Nick Hayek, Peter Bodenmann, Rudolf Strahm, Thomas Minder und andere möchten die Nationalbank (SNB) reorganisieren.

Im Kern zielen diesen Ideen, bei allen Unterschieden, auf die heutige, quasi-diktatorische SNB-Führungsstruktur. Sieben Jahre unkonventionelle Geldpolitik haben die Macht des dreiköpfigen Direktoriums in Dimensionen wachsen lassen, die die "checks and balances" des Schweizer Föderalismus sprengen.

Thomas Jordan, Fritz Zurbrügg und Jean-Pierre Danthine sind zu unseren Wirtschaftszaren geworden.

Wenn Danthine Ende Monat in Pension geht, bekommt seine Nachfolgerin Andréa Maechler mehr Einfluss auf die Schweizer Wirtschaft als ein Bundesrat. Wir können nur beten und hoffen dass diese Schuhe für die hierzulande völlig unbekannte Frau Maechler nicht zu gross sind. Maechler verbrachte die letzten zwanzig Jahre fern der Schweizer Realwirtschaft als Finanzbeamtin in der IWF-Bürokratie in Washington.

Der Fall ist klar. Absehbare weiteren Konvulsionen der Geldpolitik verlangen eine rasche Reform der SNB-Führungsstruktur. Das dreiköpfige Direktorium mit dem Akademiker Jordan und den zwei Finanzbeamten Zurbrügg und Maechler muss mit vier Vertretern der Schweizer Realwirtschaft zu einem siebenköpfigen Gremium ergänzt werden.

Montag, 23. Februar 2015

Frankenstärke und Europafrage hängen direkt zusammen

Die Frankenstärke hängt direkt mit der Europafrage zusammen weil die heute zur Durchsetzung der Euro-Untergrenze des Frankens nötigen Mittel den Beitritt der Schweiz zur EU verunmöglichen. Und die Weiterentwicklung des Bilateralismus erschweren.

Zwischen September 2011 und Januar 2015 hat die Nationalbank die Euro-Untergrenze mit unbegrenzten Eurokäufen zu 1.20 erzwungen.

Diese Methode ist heute, selbst nach Verfügung von (bislang nur kosmetischen!) Negativzinsen, zu teuer, sagt die Nationalbank.

Ich denke das Direktorium hat recht - doch wir haben noch den Giftschrank.

Mit genau gezielten hohen Negativzinsen lassen sich die unerwünschten, weil spekulativen Finanzkapitalströme vom Frankenraum fernhalten. Flankiert wenn nötig von gezielten Kapitalverkehrskontrollen. Und das noch immer nicht wirkt mit einer Parallelwährung, das heisst mit einem freien Ausland-Finanzfranken der zum Zwangskurs in Inland-Kauffranken umgewechselt werden muss.

Die Nationalbank kontrolliert und überwacht den Grenzübertritt des ausländischen Spekulationskapitals gleich wie die Grenzwache den Grenzübertritt der Menschen.

Die Verteidigung der Untergrenze ist möglich, aber nur mit harten quasi-"staatskapitalistischer" Intervention in den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr. Staatskapitalismus wie die BRIC-Staaten, oder Finanzkapitalismus wie in den USA und der EU, das ist hier die Frage.

Ob der Finanzplatz Schweiz die staatskapitalistische Karte spielen soll oder nicht ist eine Frage der Interessen. Ob es funktioniert hängt an der Geopolitik. Der kommende Renminbi-Hub in Zürich ist ein Signal, dass die Schweiz die staatskapitalistische Karte nicht aus der Hand gegeben hat. Der Renmimbi-Hub ist auch wichtig für das Management der Währungsreserven.

Das Dreier-Direktorium der Nationalbank steht selbstverständlich voll auf dem Boden des Finanzkapitalismus. Präsident Thomas Jordan wurde auf US-Eliteuniversitäten in neoliberaler Wirtschaftstheorie geschliffen. Fritz Zurbrügg und Andréa Maechler haben das Handwerk der internationalen Finanzdiplomatie beim US-dominierten IWF in Washington gelernt. (Ja, Nick Hayek hat schon recht, wenn er eine Reform der Nationalbank mit Verbreiterung des Direktoriums auf sieben Köpfe fordert.)

Die schockartige Aufhebung der Untergrenze war der Sieg des neoliberalen Marktdogmas über das staatskapitalistische Landesinteresse. Selbstverständlich kennt das Direktorium die Mittel zur weiteren Verteidigung der Untergrenze auch, ist aber nicht bereit zur nötigen staatskapitalistischen Regulation der grenzüberschreitenden Kapitalströme.

Wer die Wiedereinführung der Untergrenze fordert, darf von Kapitalverkehrskontrollen nicht schweigen. Wer aber zu staatskapitalistischen Kapitalverkehrskontrollen greift, kann dem neoliberalen EU-Euroraum nicht beitreten. Dieser fundamentale Widerspruch ist ein Problem für  SP und Gewerkschaften.

Vor einem Dilemma stehen auch die rechten Deregulierer. Nationale Souveränität geht nicht ohne eigene Währung. Doch ohne staatskapitalistische Intervention gibt es keine Geld- und Währungspolitik im Landesinteresse. Dieser fundamentale Widerspruch spaltet SVP und FdP.

Mittwoch, 11. Februar 2015

Konfusion - Gewerkschaftsökonom Heiner Flassbeck vermischt Buchgeld und Giralgeld

Die Nationalbank könne den Euro-Mindestkurs zeitlich unbegrenzt und ohne Kosten weiter halten, behauptet die Gewerkschaftszeitung "work". Als Gewährsmann zitiert das Blatt den bekannten linken Ökonomen und ehemaligen deutschen SP-Staatssekretär Heiner Flassbeck.

Tönt gut, ist aber reines Wunschdenken. Der Euro-Mindestkurs lässt sich auch vom Interessenstandpunkt der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht kostenlos durchsetzen.

Grund dafür ist die Mechanik der Geldschöpfung. Wenn die Nationalbank zur Verteidigung des Mindestkurses Euros kauft, tut sie dies nicht selber, sondern sie beauftragt eine der ungefähr 350 Banken, die bei ihr ein sogenanntes Girokonto unterhalten. Die beauftragte Bank wird auf diesem Girokonto in selbstgeschöpften Nationalbankgeld bezahlt. Die beauftragte Bank kauft Euros auf dem globalisierten Devisenmarkt, bezahlt aber die dort gekauften Euros NICHT mit dem Nationalbankgeld. Dieses Nationalbankgeld, oder Giralgeld, zirkuliert nur im Giroverbund Nationalbank-Bankensystem.

Die beauftragte Bank zahlt die im Auftrag der Nationalbank gekauften Euros, nicht mit Nationalbank-oder Giralgeld, sondern mit Buchgeld, das heisst mit einer Gutschrift auf das Konto der Euro-Verkäuferin - also gewissermassen mit einem Bankkredit an die Vekäuferin.

Nationalbank-Giralgeld ist nicht gleich Bankensystem-Buchgeld.

Wie der im "work" abgedruckte Flassbeck-Text zeigt, hat der alte Fuchs im Blick auf diese Eigenheit der Geldschöpfung durch die Nationalbank einen blinden Fleck. Er argumentiert so, wie wenn wir jetzt schon nur Nationalbank-Giralgeld hätten und kein Bankensystem- Buchgeld.

Mit anderen Worten Flasbeck und "work" haben recht, aber nur im Vollgeldsystem - So gesehen müsste die Unia die laufende Unterschriftensammlung der Vollgeldinitiative voll unterstützen.

Weil wir aber hierzulande kein staatskapitalistisches Vollgeldsystem, sondern ein finanzkapitalistisches Dualgeldsystem haben, kostet die Verteidigung des Euro-Mindestkurses etwas und kann auch nicht ewig weitergehen.

Muss jetzt gleich weg und sage zu den Kosten hier soviel, des Pudels Kern liegt in den überschüssigen Giroguthaben.

Im Prinzip müssten auf den Girokonten des Bankensystems ungefähr die gesetzlichen Mindestreserven liegen. Diese werden heute um 2200 Prozent überschritten. Grund dafür ist die erwähnte Mechanik der Geldschöpfung die dem privaten (abgesehen von den Kantonalbanken) Bankensystem gegen 400 Milliarden leistungslosen privatisierten Geldschöpfungsgewinnen in die Kassen spülte.

Wenn wir nicht die nützlichen Idioten der Geldschöpfung sein wollen, müssen diese überschüssigen Giroguthaben (Privateigentum der privaten Banken) durch einen souveränen, hoheitlichen Akt der Politik vergesellschaftet werden.


Montag, 9. Februar 2015

Schuld ist Edmond Safra, sagt HSBC - Wer war Edmond Safra?

Glaubt man dem Tages-Anzeiger, reicht die HSBC den grössten Teil der Schuld an die Republic National Bank of New York (Suisse) weiter, die sie 1999 vom Bankier Edmond Safra gekauft hat.

Demnach wurde die Mehrheit der heute von www.icij.org  offengelegten Bankbeziehungen der HSBC Schweiz zu Geldwäschern und Steuerhinterziehern von dieser Bank übernommen.

Grund genug, Kapitel 3 meines 1996 beim Zürcher Unionsverlag erschienen Buches "Swiss Connection" über den geheimnisvollen Edmond Safra nochmals zu lesen. Lieferbar in jeder guten Buchhandlung.

(Online als e-book auf Italienisch greifbar https://archive.org/details/laconnessionesvizzera-oseido-marco-saba )

Der Text basiert der journalistischen Recherche, die Paolo Fusi und ich 1993 bis 1995 im Rahmen der Aufarbeitung der Swiss Connection vom Mani Pulite  über den Bankier Edmond Safra gemacht haben.

Dazu hier soviel, Safras Aufstieg in der Schweiz begann in Chiasso. Seine erste Bank, die TDB verkaufte er an American Express. Amexco hat diesen Kauf später bereut. Dann gründete er eine Neue Bank, die Republic National, die er zehn Jahre später für 10 Milliarden an HSBC verkaufte. Dann ist er unter mysteriösen Umständen in Monte Carlo in einem Brand erstickt. Heute ist die Famile Safra auf dem Finanzplatz Schweiz wieder gross im Geschäft.

Samstag, 7. Februar 2015

NZZ-Redaktor Hansruedi Schöchli, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die wirtschaftliche Wirklichkeit

Unter dem Titel "Der Giftschrank der SNB" kommentiert NZZ-Wirtschaftsredaktor Schöchli heute Samstag in der NZZ die Forderung des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) und der Gewerkschaft Unia, die Nationalbank müsse möglichst rasch wieder einen Mindestkurs einführen.

Er lehnt den Mindestkurs mit dem Argument ab, die Geschichte der häufigen Abwehrkämpfe der Nationalbank gegen übermässige Kapitalzuflüsse seit den 1950er Jahren zeige, dass die Nationalbank nicht über genügend wirksame Mittel, sprich Giftschrank, dagegen verfüge.

Mit anderen Worten hat der Mann von der neoliberalen, austro-helvetischen Publizistikplatform nach 35 Jahren Neoliberalismus nichts besseres zu bieten, als Thatchers abgewracktes Tina-Argument von der mangelnden Alternative. Den SGB und die Unia fordert Schöchli auf, doch mal die Konsequenzen ihrer unverantwortlichen Forderung nach der Fortsetzung der Untergrenze durchzudenken.

Revolutionärer Sirtaki oder reaktionärer Wiener Walzer, das ist hier die Frage.

Der Mindestkurs der Nationalbank ist die Nahtstelle von Realwirtschaft und Finanzwirtschaft, zweier heute getrennter Wirtschaftswelten - Wenn Griechen verhungern, steigt die Rendite griechischer Staatsobligationen.

An dieser Nahtstelle kann die Geldpolitik der Nationalbank die Realwirtschaft nur beeinflussen, nicht steuern.

NZZ-Mann Schöchli hat recht, wenn er SGB und Unia auf die realwirtschaftlichen Kosten der Kursuntergrenze hinweist. Es ist ein in Gewerkschaftskreisen leider weit verbreitetes Wunschdenken, die Untergrenzenpolitik der Nationalbank basiere ja auf selbstgedrucktem Geld und habe deshalb keine Kosten. Beeinflusst wohl nicht zuletzt vom einflussreichen linken deutschen Ökonomen Heiner Flassbeck, der die irrige Ansicht unlängst auf seinem Blog vertrat. (Wäre auch einen Blogpost wert.)

Technisch ist die Durchsetzung der Untergrenze mit unbegrenzten Eurokäufen dank Nationalbank-Geldschöpfung aus dem Nichts machbar. Aber die marktbasierte Interventionsmethode verursacht beträchtliche volkswirtschaftliche Kosten.

Das grösste Problem der Nationalbank sind dabei nicht die enorm gestiegenen Währungsreserven, die wurden mit selbstgemachtem Buchgeld bezahlt das sich wieder in Luft auflösen kann. Ein Teil dürfte realistisch gesehen wieder verloren gehen, der andere Teil gehört dem Volk und nicht den Banken. Wie man hört, soll die SP eine einschlägige Initiative vorbereiten.

Das grösste Problem sind die durch die technischen Modalitäten der unbegrenzten Eurokäufe auf den globalisierten Devisenmärkten entstandenen überschüssigen Giroguthaben des Schweizer Bankensystems bei der Nationalbank. Auf diesen Girokonten müssen die Banken die gesetzliche Mindestreserve für ihre Kreditausleihungen halten, diese Mindestreserve wird heute im Bankensystem um 2200 Prozent überschritten.

Diese überschüssigen Giroguthaben bedeuten ein enormes Inflationspotential für die Realwirtschaft, um dieses durch weitere Eurokäufe nicht noch weiter anwachsen zu lassen, musste die Nationalbank den Mindestkurs aufheben. Die bestehenden überschüssigen Giroguthaben müssen im Landesinteresse durch einen souveränen politischen Akt der Bundespolitik auf Ebene der Verfassung und des Nationalbankgesetzes vergesellschaftet werden.

Die völlige Freigabe des Wechselkurses Franken-Euro ist zurzeit ausgeschlossen, weil der Aufwertungsdruck auf den Franken durch ausländische Kapitalzuflüsse immer noch zu gross ist. Deshalb praktiziert die Nationalbank ein undeklariertes, sogenannt schmutziges Floating. Will heissen sie verteidigt eine inoffizielle, wohl gleitende Euro-Untergrenze.

Dieses schmutzige Floating ist die falsche Politik - Sowohl aus volkswirtschaftlichem Landesinteresses als auch aus der Interessensicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Das Direktorium der Nationalbank hat bessere Instrumente. Als da sind:

- Gleitende Negativzinsen für neuzuströmendes ausländisches Finanzkapital die solange erhöht werden, bis der volkswirtschaflich schädliche Zufluss austrocknet. Die bisherige Ausgestaltung und Dosierung der Negativzinsen ist nur kosmetisch.

- Kapitalverkehrskontrollen die zwingend eine Bewilligung für Finanzkapitalzuflüsse ab einer bestimmten Höhe verlangen. Die Nationalbank muss den Aufbau der Strukturen der dazu nötigen Kontrollbehörde an die Hand nehmen.

- Doppelwährung im Sinne eines Kauffrankes für das Inland und eines Finanzfrankes für grenzüberschreitende Kapitaltransaktionen. Auch dazu gilt es die nötigen Vorbereitungen zu treffen.

Dienstag, 27. Januar 2015

Doppelwährung als Stabilitätsanker des Frankenraums?

Schmutzige Euro-Kursuntergrenze von 1:1, so könnte man die aktuelle Geldpolitik der Nationalbank nennen. Sinkt der Euro Kurs unter Parität, interveniert die Nationalbank im prinzipiell freien Frankenmarkt.

Dieses schmutzige Schwanken macht den Frankenkurs zum Spielball der internationalen Währungsspekulation.

Lange kann die Nationalbank ihren schmutzigen, weil undefinierten faktischen Interventionismus nicht durchhalten. Die Negativzinsen vermögen die Spekulanten nicht abzuschrecken.

Voll freigeben kann die Nationalbank den Frankenkurs nur unter dem Preis dramatischer volkswirtschaftlicher Verwerfungen. No go!

Kapitalverkehrskontrollen - das heisst ab einem bestimmten Betrag muss jeder Kauf und Verkauf von Schweizerfranken durch Ausländer von der Nationalbank bewilligt werden -  ist eine wirksame Interventionsmethode, die jedoch den Aufbau einer grösseren Bürokratie bedingt.

Die Teilung des Frankens in einen frei schwankenden Finanzfranken als reines Buchgeld, und einen Kauffranken im Inland - Doppelwährung - ist die effizientere Lösung zur Lösung des Safe-Haven-Problems des Frankeraumes (Finanzkapitalzufluss in den Frankenraum). 

Solche Doppelwährungssysteme gabs in der Vergangenheit schon schon viele. Im Spiegel-Online von heute empfiehlt Kolumnist Wolfgang Münchau so eins für Griechenland.

Ab ans Rad Nationalbankökonomen, trefft Vorbereitungen zur Einführung des doppelten Frankens.

Donnerstag, 22. Januar 2015

Geldpolitik ist Geopolitik - Hic Rhodos, hic salta Thomas Jordan!

Die Aufhebung der Kursuntergrenze zum Euro machte den Franken zum explosiven Mix aus virtuellem Buchgeld und realem Kaufgeld.

Als virtuelles Buchgeld der Finanzwirtschaft erfüllt der Franken ganz andere Funktionen für ganz andere Wirtschaftssubjekte als in seiner Funktion reales Kaufgeld der Realwirtschaft.

Der virtuelle Buchfranken ist ein Objekt der globalisierten Währungsspekulation. Der CHF ist die fünftmeist gehandelte Währung der Welt, während die Schweiz weltweit ungefähr die zwanziggrösste reale Volkswirtschaft ist.

Die Frankenkurse zu den anderen Währungen entstehen auf der Basis von Angebot und Nachfrage von virtuellen Buchfranken. Treiber ist Spekulation, nicht Realwirtschaft! Mit Aussenhandel und Tourismus hat die globalisierte Schweizerfrankenspekulation wenig bis nichts zu tun.

Im Gegenteil verzerren die Spekulanten die realwirtschaftliche Funktion des Frankens als reales Kaufgeld. Misst man die reale Kaufkraft des Frankens und vergleicht sie mit der realen Kaufkraft anderer Währungen, dann war der Eurokurs schon bei 1.20 überbewertet.

Das zeigt beispielsweise der Big-Mac Index eines bekannten Londoner Wirtschaftsmagazins. In Zürich kostet der Big Mac schon immer viel mehr als anderswo, wobei sich der hiesige Hochpreis nicht  mit höheren Kosten rechtfertigen lässt.

Der spekulationsgetriebene Frankenkurs macht die Exportwirtschaft, den Tourismus und vieles andere kaputt. Bestehende Arbeitsplätze gehen verloren, neue können nicht entstehen.

Natürlich kann die Spekulation den Frankenkurs auch runterdrücken, doch das scheint eher unwahrscheinlich. Der Franken ist seit hundert Jahren eine Hartwährung und die vielen Spekulanten, die bis vor einer Woche auf eine Abschwächung des Frankens gegenüber dem Euro wetteten, verloren viel.

Die Währungsspekulation ist heute zunehmend politikgetrieben. Dies als Folge des schrittweisen Niedergangs der alten Hegemonialwährung, dem US-Dollar. Spekulation, insbesondere Währungsspekulation war und ist die Spezialität des vollderivatisierten Dollarraumes. Spekulanten brauchen Gegenparteien, deshalb versuchen die USA den Euro und den Franken voll in ihren Machtkreis zu zwingen; wo Pfund und Yen bereits gelandet sind.

Das US-amerikanische Hedgefonds, Investmentbank- und Schattenbankensystem braucht die fünf meistgehandelten Währungen inklusive dem Franken zur Spekulation. Und solchen Playern,  etwa dem Hedgefondsgiganten und Michael Ringier Partner Henry Kravis, sind die Arbeitsplätze in der Schweiz egal - Wie sehen wohl die beiden alten Hedgefonds-Kritiker Frank A. Meyer und Werner Vontobel diese neue Allianz des Chefs?

Bundesverfassung und Gesetz beauftragen die Nationalbank mit dem Erhalt einer stabilen Währung unter Beachtung der konjunkturellen Entwicklung. Mit anderen Worten sind der Erhalt bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze integraler Bestandteil des Mandates der Nationalbank.

Bei einem freien Franken-Euro-Kurs von 1:1 muss die Nationalbank deshalb die globale Frankenspekulation nachhaltig, das heisst strukturell eingschränken.

Sonntag, 18. Januar 2015

My advice to Governor Thomas Jordan: Freeze the sight deposits of banks in SNB's balance sheet

I am writing this in bad English instead of good German because Switzerland has four languages, and people who deal with the art of central banking read English anyway.

The Swiss National Bank (SNB) conducts Switzerland’s monetary policy as an independent central bank.  It is obliged by the Constitution and by statute to act in accordance with the interests of the country as a whole. Its primary goal is to ensure price stability, while taking due account of economic developments.

In other words Governor Jordan is not allowed to have a tunnel Vision on monetary factors, but his acts must also create an appropriate environment for the Swiss economy as a whole.

Three days after the shock therapy which he described the country in order tho ensure price stability, he must do something for the economy as a whole.

Wonders what? Well, if you ask me he must freeze the sight deposits of banks in SNB's banlance sheet.

These sight deposits of the banking system exploded because the private Banks who bought the Euros for the SNB paid for these Euros in the fx-market not with the central bank money created out of thin air the SNB gave them, but with credit money they created themselves.

Today, these sight deposits of banks amount to about CHF 330 Billion in the SNB balance sheet. Four years ago they amounted to about CHF 40 Billion.

Conclusion, without effort. the Swiss banking system was by large the biggest profiteer of the CHF floor against the Euro. The coffers of UBS, CS, ZKB and the rest of the crowd were flooded with almost CHF 300 Billion.

This is a very serious problem for the Swiss economy. According his mandate from the Constitution Governor Jordan must act!

Here comes my (free) advice: freeze 90 percent of the amout permanently (after deduction of minimum reserves) and distribute the rest per half to the banking system, the Confederation and the Cantons.

Freitag, 16. Januar 2015

Cui Bono? - Hat Thomas Jordan im Schweizer Landesinteresse gehandelt?

Chapeau! Der einstige Berner Musterschüler hat uns alle kalt erwischt, Spekulanten, Investoren, Banker und Beobachter. Mit seinem Überraschungsschlag ist Thomas Jordan aus dem Schatten seines Amtsvorgängers herausgetreten.

Surprising action heisst die Kunst des Central Banking im heutigen Wirtschaftsumfeld, nicht forward guidance.

Fragt sich bloss, wer jetzt von der kommenden Rosskur profitiert, die Jordan uns allen zugemutet hat.

Am Tage darnach ist heute noch keine klare Antwort möglich.

Als unmittelbare Verlierer erscheinen die Exportindustrie und der Tourismus, allen voran jene Beschäftigten, die dort ihren  Job verlieren werden.

Als Gewinner die Konsumenten, die billigere Importwaren und Auslandsreisen bekommen, oder auch EU-Expats, die in Franken entlohnt werden.

Allein- mittel- und langfristig könnte sich die kurzfristige "winner-looser" Analyse anders präsentieren. Aber nur wenn Thomas Jordan keine Fehler macht.

Die kommende Kursentwicklung des Frankens zum Euro nach der schockartigen Lösung der Euro-Untergrenze hängt nicht nur von der Schweiz und dem Euroland, sondern auch von zahlreichen anderen Faktoren ab.

Sollte Jordan den bisher mit volkswirtschaftlichen Landesinteressen gerechtfertigten Mindestkurs aus neoliberal-ango-amerikanisch-finanzkapitalistisch- marktfundamentalistischen Motiven (sorry für das Wortmonster) aufgegeben haben, so haben die in Bern oben noch einige staatskapitalistishe Pfeile im Köcher.

Es könnte beispielsweise eine Importsteuer zum Erhalt von Arbeitsplätzen in der Exportindustrie und im Tourismus per dringlichen Bundesbeschluss eingeführt werden, usw., usf.

Die Gewichtung der geldpolitischen Massnahmen im Lichte des verfassungsmässigen und gesetzlichen Mandates der Nationalbank ist jedenfalls wieder topaktuell. Die Nationalbank ist verpflichtet Landesinteressen zu vertreten, nicht Partikularinteressen.

Topaktuell auch die Problematik der überschüssigen Giralgelder. Die überschüssigen Giralgelder, von etwa 300 Milliarden Franken, welche das Bankensystem bei der Nationalbank zurzeit hält, entstanden leistungslos aufgrund der technischen Eigenheiten des Schweizer Geldschöpfungssystems. Diese Giralgelder müssen dem Bankensystem zugunsten der Allgemeinheit wieder entzogen werden.

Auch die angesagte Schrumpfung der überschüssigen Währungsreserven, die zur Verteidigung des Mindestkurses mit diesen Giralgeldern gekauft werden mussten, darf nur im Landesinteresse erfolgen.

Was die Zukunft noch bringt, wissen wir nicht. Sicher hingegen ist, die Finanzkrise 2008 war erst der Anfang.


Mittwoch, 7. Januar 2015

Keine Fehler machen Thomas Jordan - Nationalbank im Spagat zwischen Landesinteresse und Privateigentum

Disruptive Safe Haven Management, so könnte man Neudeutsch die angesagte Geldpolitik nennen. Nach sechs Jahren unkonventikoneller Politik der Nationalbank ist die Rückkehr zum Status Quo Ante vor der Finanzkrise nicht mehr möglich.

Wenn Thomas Jordan, Fritz Zurbrügg und die neue Andréa Maechler (ein unbeschriebenes Blatt aus der US-dominierten IWF-Bürokratie) ihren Job gut machen, kann die Frankenwährung zum Transformationsgewinner der laufenden Regionalisierung der mittlwerweilen dysfunktionalen globalisierten Finanzmärkte werden - Dysfunktional, weil heute sowohl Zinsen als auch Devisen- und Rohstoffkurse mittels Derivaten in grossem Stil manipuliert werden.

Was also muss das Nationalbank-Direktorium heute tun?

1. Den Euromindestkurs von 1.20 mit allen Mitteln verteidigen.
1. Die überschüssigen Girobestände abbbauen.
2. Die überschüssigen Währungsreserven abbauen.

Konkret bedeutet Punkt eins die Vorbereitung des administrativen Apparates für die möglicherweise nötig werdenden Kapitalverkehrskontrollen. (Pro Memoria: 1932 gründete die SNB zu diesem Zwecke die Schweizerische Verrechnungsstelle wo zu Spitzenzeiten über 1000 Angestellte beschäftigt waren.)

Bei Punkt zwei und drei geht es darum, die nötige Bilanzschrumpfung der Nationalbank nicht im privatwirtschaftlichen Bankeninteresse zu orchestrieren, sondern in volkswirtschaflichem Landesinteresse.

Für Punkt zwei muss das Direktoriumn der Politik die Möglichkeiten aufzeigen,  wie die aufgrund der technischen Eigenheiten des Schweizerfranken-Geldsystems leistungslos entstanden Giroguthaben des Bankensystems aus den privaten Bankbilanzen ausgebucht werden können. Stossrichtung: Die überschüssigen Girogelder gehören dem Volk und nicht den Banken.

Bei Punkt drei müssen die überschüssigen Währungsreserven in zwei Sonderfonds ausgebucht werden, einen zur langfristigen Äufnung bestehender Goldreserven und einen zur Finanzierung langfristiger Infrastrukturprojekte.

Sonntag, 4. Januar 2015

Die Gründung der Abtei Saint-Maurice 515 droht vor lauter Morgarten und Marignano vergessen zu gehen

Im Jahre 515 eröffnete Burgunderkönig Sigismund der Heilige in Saint-Maurice am Nordfuss des Grossen Sankt Bernhards eine Pilgerherberge. Die historischen Umstände dieser Gründung vor 1500 Jahren enthüllen eine bis heute gültige Warheit.

Leider hat die hiesige Historikerzunft das 1500-Jahrejubiläum des ältesten noch existierenden Klosters nördlich der Alpen bislang den gläubigen Katholiken überlassen. Zum grossen Festakt im Wallis kommt vielleicht sogar der Papst.

Kein Wunder, ist man versucht zu sagen, nachdem die hiesigen Universitäten unsere gute alte Schweizergeschichte liquidierten und heute mit vornehmlich deutschem Personal national desodorierte "applied history" betreiben  ........ aber ganz im Ernst, die bisherige Geringschätzung des über das Religiöse im engeren Sinn hinaus weisende grossen Schweizer Klosterjubiläums durch hiesige Historikerkreise ist nur zu bedauern.

Morgarten 1315, Aargaueroberung 1415, Marignano 1515 und Wiener Kongress 1815 waren bedeutende aussenpolitische Ereignisse in der Geschichte der Schweiz. Zwei Eidgenössische Siege gegen die Habsburger, eine Niederlage gegen die Franzosen, und eine wohlwollende Behandlung des Kleinstaates Schweiz durch die Grossmächte England, Russland, Preussen und (nicht ganz so wohlwollend) Österreich.

Saint-Maurice 515 hingegen, war ein innenpolitisches Ereignis.  Und ergänzt die vier diesjährigen Grossjubiläen insofern ideal. Denn auch die Geschichte der Alpenrepublik Schweiz kann nur im Spannungsfeld innerer und äusserer Kräfte verstanden werden,  aussenpolitische Ereignisse allein genügen nicht.

Googeln wir also mal rasch die Ereignisgeschichte des innenpolitischen Ereignisses Saint-Maurice 515:

Gemäss der Legende massakrierte der Römische Kaiser Maximian im Jahre 302 in Saint-Maurice (Lateinisch Acaunus) tausende christlicher Soldaten der vom heiligen Mauritius geführten Thebäischen Legion. Die Märtyrer des letzten grossen römischen Pogroms gegen die Christen hatten sich zuvor geweigert, gewaltsam gegen Glaubensgenossen vorzugehen.

Um 380, nachdem das Christentum zur römischen Staatsreligion geworden war und das nahe Saint Maurice gelegenen Martigny (Keltisch Octodurum, Lateinisch Forum Claudii Vallensium) zum Bischofssitz geworden war, liess Bischof Theodor am Orte des Martyriums des Heiligen Mauritius und der Thebäer eine kleine Kirche bauen.

Neben dieser ersten kleinen Kirche  stiftete Altburgunderkönig Sigismund der Heilige 515 die Abtei Saint-Maurice. Diese Stiftung darf als Hinweis auf ein expandierendes Pilgerwesen aus dem Frankenreich und Burgund zum Bischof von Rom gelten.

Hintergrund der Expansion waren das 497 fast gleichzeitig erfolgte Bekenntnis des zuvor arianischen Burgunderkönigs Sigismund des Heiligen, und des zuvor heidnischen Frankenkönigs Chlodwig I. zum Römisch-Katholischen Christenglauben. Mit diesen beiden Übertritten hatte der Bischof von Rom und Pontifex Maximus des katholischen Christentums seinen Kampf gegen die Anhänger der theologischen Lehre des Presbyters Arius aus Alexandrien (250-336) gewonnen.

Arianismus? Da googeln wir am besten noch etwas weiter. Wer kein Interesse an Religionsgeschichte hat, darf den nächsten Abschnitt problemlos überspringen.

Der Arianismus, muss man wissen, war eine frühe Variante des christlichen Glaubens, deren Vertreter sich jahrhundertelang mit den Parteigängern des Bischofs von Rom gestritten haben. Der Beginn des Streites datiert auf das Jahr 312, als Kaiser Konstantin I. nach seinem Sieg über Mitkaiser Maxentius bei der Milvischen Brücke vor Rom das zuvor verbotene und verfolgte Christentum zur Staatsreligion machte. Damals hatte sich die von den Jüngern des Juden Jesus von Nazareths gegründete messianische Sekte von den mosaischen Gesetzen, und damit von den ethnokulturellen Wurzeln im Judentum emanzipiert, ohne jedoch bereits über eine einheitliche christliche Theologie zu verfügen. Umstritten war beispielsweise die sogenannte Trinitätslehre von der Einheit von Gott Vater, Gott Sohn und Heiligem Geist. Den Anhängern der theologischen Lehre des Presbyters Arius aus Alexandrien (250-336) galt die Trinitätslehre als Restbestand römischer Vielgötterei. Weil es nur einen Gott geben darf, müssen Gott, Messias und Heiliger Geist zwingend verschieden sein. Kaiser Konstantin I. versuchte den Theologenstreit auf dem Konzil von Nicäa 325 zu beenden, weil er die staatlich geförderte christlich-römischen Einheitskirche dringend als Klammer seines von Germanen und anderen Barbaren bedrohten Riesenreiches brauchte. Das Konzil von Nicäa bestätigte die heilige Trinität und verwarf den Arianismus als Irrlehre. Allerdings blieben zahlreiche Christen entgegen dem Konzilsbeschluss Arianer. So auch der Gotenbischof Wulfila, der die erste Übersetzung der Bibel in eine germanischen Sprache verfertigte. Im Verlaufe des 4. Jahrhunderts gerieten die Arianer gegen den Bischof von Rom zunehmend in die Defensive. Ein besonders harter Schlag war das von Kaiser Theodosius I. auf dem Konzil von Konstantinopel 381 verkündete Gesetz, wonach alles Eigentum der Kirchen denen gehöre, die an die heilige Trinität glaubten. Trotzdem blieben die bereits christianiserten, jedoch mit Theodosius I. verfeindeten germanischen Könige und Herzöge der Goten, Alamannen, Burgunder und Langobarden der Theologie des Häretiker Arius treu.

Nun wieder zurück zum neukatholischen Burgunderkönig Sigismund der den wachsenden Pilgerverkehr aus dem Reich des neukatholischen Frankenkönigs Chlodwig I.  über sein hochburgundisches Saint-Maurice ab 515 professionell bewirtschaftete.

Davon konnte auch die Lokalbevölkerung am Weg vom heutigen Waadtland über das Unterwallis auf die Passhöhe des Grossen Sankt Bernhard und hinunter nach Aosta profitieren. Jobs in der Pilgerherberge Saint-Maurice, Jobs auf den Schiffen am Genfersee, Jobs als Wegmacher und Säumer, und, und, und. Ganz abgesehen von einer Mönchskarriere oder der Klosterschule für die begabten Söhne. (Sorry, aber die Frauen waren in der Spätantike noch nicht emanzipiert.)

All diese Jobs hätte es ohne das spätantike europäische Grossereignis der Installation des Bischofs von Rom als Pontifex Maximus, und der darauf basierenden Gründung der Pilgerherberge von Saint-Maurice durch Burgunderkönig Sigismund nicht gegeben.

Allein - ohne das Wissen, Können und die know-how-intensiven Dienste der Bewohnerinnen und Bewohner an der transalpinen Transitstrecke hätten der heilige Sigismund und die frommen Pilger aus dem Flachland den Weg durch die Gebirgswüsten nicht geschafft.

Wir brauchen sie, sie brauchen uns - diese historische Lehre aus der Gründung der Abtei Saint-Maurice vor 1500 Jahren gilt noch heute.