Sonntag, 22. November 2015

Wo verdient Thomas Aeschi seine Brötchen - Trau, schau wem?

Thomas Aeschi ist ein smarter Typ. Weltklasse.

Weiss ich aus eigener Erfahrung aus Verhandlungen über die "Too-big-to-fail"-Problematik zwischen Christoph Blocher und Corrado Pardini vor gut zwei Jahren, an denen ich als linker Experte teilnahm. Wohl weil Hans Kaufmann nicht verstanden hatte, dass die beiden ausländisch (Singapore/USA/Katar/Saudi-Arabien) dominierten Wasserköpfe UBS und CS aus wirtschaftlichem Landesinteresse verkleinert werden müssen, hatte Blocher diesen in der zweiten Runde durch Aeschi ersetzt.

Aeschi weiss, wie der anglo-amerikanische Finanzkapitalismus neoliberaler Prägung funktioniert und ist ein Top-Verhandler obendrein.

Aeschi weiss, dass er im Verhandlungsspiel lachen muss, wenn Pardini gegenüber Blocher ätzende Sprüche zu den SVP-Messerstecherwahlplakate macht, die im SVP-Franktionszimmer hängen, wo die Verhandlungen stattfanden. Zuger Finanzplatzcharme halt, genauso wie sich Aeschi in einem Videoclip über eine bekannte, sexuell gedemütige Zuger Politikerin lustig machen konnte.

Aeschi weiss auch, dass ein kleines Land mit übergrossen Banken ein gröberes wirtschaftspolitisches Strukturproblem hat. Allzugrosse Banken sind ungesund, schaut nur nach Island, Irland oder Zypern.

Wo hat er das gelernt, der Mann aus dem gutbürgerlichen Finanzplatz-Mittelstand im Zugerland? (Vater Bücherexperte, Mutter Krankenschwester)

In der Schule: Primarschule Allenwinden, Austauschschüler in Chicago, HSG Lizenziat mit Auslandsemester in Malaysia und Israel. Master of Public Administration, J.F. Kennedy School of Government, Harvard Uni.

Und im Job: Seit dem Abgang von der Kennedy School 2008 bei der Consultingfirma Booz & Co., die später von PricewaterhouseCoopers (PwC) übernommen wurde.

Booz & Co. muss man wissen,  ist spezialisiert auf Beratung von Regierungen ausserhalb der USA. Dort arbeiten Kennedy School Absolventen aus der ganzen Welt für die Integration ihrer Ländern im - darf man sagen US-Imperium.

Okay, keine ungeprüften Konspirationsphantasien, googelt einfach mal. Tatsache ist, Booz & Co ist mit der US-Aussenpolitik verbunden, auch nach der Übernahme durch PwC.

Kein Wunder gibt zuzeit in Parlamentarierkreisen zu reden, dass Aeschi weder beim Parlament noch auf seiner eigenen Webseite angegeben hat, dass sein Arbeitgeber Booz & Co. aus einem politökonomischen Umfeld kommt und auch für das US-Verteidigungsministerium und die NSA tätig war.

Informieren sie uns über ihre bisherige berufliche Tätigkeit, Herr SVP-Kandidat!

Freitag, 20. November 2015

Die Nationalbank ist pleite - Warum?

Heute Morgen haben die Nationalbank-Statistiker die Finanzierungsrechnung der Schweiz für das Jahr 2013 veröffentlicht.

Die Zahlen für die Nationalbank selber beziffern ein negatives finanzielles Reinvermögen von -659 Millionen Franken.

Das Negativvermögen ist die Differenz zwischen den 489 766 Millionen Franken Nationalbank-Forderungen an dritte und 490 425 Millionen Franken Verpflichtungen an dritte.

Warum ist die Nationalbank trotz ihrer bereits 2013 riesigen Währungsreserven pleite?

Weil sie Verpflichtungen an das Bankensystem (Sichteinlagen der Banken) von rund 363 000 Millionen Franken in der Bilanz stehen hat.

Mit andern Worten sind 2/3 des Nationalbankvermögens Eigentum der Schweizer Banken. (Einige Auslandbanken sind auch noch dabei.)

Dieses kleine schmutzige Geheimnis der Nationalbank gründet in der technischen Abwicklung der Nationalbank-Eurokäufe. Die Nationalbank kauft die Euros nicht selber direkt, sondern beim Bankensystem, die betreffende  Bank zahlt sie mit selbstgemachtem Nationalbankgeld, das als Sichteinlage (Verpflichtung gegenüber der betreffenden Bank) in der Nationalbankbilanz stehen bleibt. Während diese Bank, die der Nationalbank die Euros liefert, diese Euros von einem Devisenhändler bezieht, den sie mit einer Kreditgutschrift auf dessen Konto bei ihr bezahlt.

Im Schweizer Geldsystem ist Nationalbankgeld Buchgeld, das die Hüterin des Frankens selber schöpfen kann um damit Geldpolitik zu machen. Dieses Buchgeld zirkuliert nur zwischen der Nationalbank und dem Bankensystem, nicht zwischen der Nationalbank und den Nicht-Banken.

Die Vollgeldinitiative möchte dieses System ändern. Das Kreditgeld des Bankenystems soll abgeschafft werden. Neu soll es nur noch Nationalbankgeld geben.

Dazu müssen unter anderem auch die Sichteinlagen der Banken bei der Nationalbank sozialisiert werden.  Wie das geht, werden die Vollgeldleute im kommenden Abstimmungskampf erklären.

Mittwoch, 18. November 2015

Stammtisch Bank Helvetiaplatz - Neue Online-Plattform zwischen Luhmann und Marx

In der neuen Bank Helvetiaplatz wird der alte Stammtisch als Online-Plattform "Stammtisch 4.0" neu erfunden.

"Man könnte Online-Plattformen als Orte der emotionalen Vergesellschaftung betrachten und hier die Konstitution von Solidaritätseffekten studieren, die nicht zuletzt auch Chancen auf Teilhabe enthalten. Wenn aber Online-Plattformen Orte der Inklusion werden, stellt sich für postmoderne Inklusionsprogramme die Frage, wie sie offline zur Realität werden lassen können, was online bereits Realität ist." (Dirk Baecker: https://catjects.wordpress.com/2015/11/18/partizipation-4-0/, dort ganz am Schluss)

Mit diesen Worten trifft der Luhmann-Schüler Dirk Baecker das tiefere Geheimis der Bank 4.0 am Helvetiaplatz auf den Kopf. Vielen Dank an den Bodensee!

Wie schaut die Kultur der Zukunft aus, fragt Niklaus Luhmann. Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern, sagt Karl Marx.

Reduced to the max stellt Baecker die Frage nach dem dem postmodernen Spagat zwischen Luhmann und Marx. Was sollen wir tun, fragen wie Luhmann oder antworten wie Marx?

Die Antwort wird Stammtisch 4.0 wohl auch nicht finden - das denk ich aus Erfahrung. Eine Plattform zum fröhlichen on- und offline Diskurs hingegen allemal.

Bestes Brot, kühles Bier, flotte Drinks, edler Wein, Bio-Güggeli und Gemüse inklusive.

Montag, 2. November 2015

Währungspolitik: Schweizer Staatsfonds als Nationalbank-Annexanstalt

Seit der Aufhebung der Euro-Kursuntergrenze von Anfang Jahr muss die Nationalbank weiterhin Monat für Monat für zig-Milliarden Franken Euros kaufen. Täte sie dies nicht, würde sich der Franken zum Euro wieder derart verteuern, dass die Existenz von zehntausenden von Arbeitsplätzen in der Exportwirtschaft gefährdet wäre.

Der ständige Kapitalzustrom vom Euroraum in den Frankenraum macht deutlich, dass der Franken im krisengeschüttelten Europa nach wie vor die Rolle einer relativ sicher geankerten Hartwährung spielt.

Zwei Faktoren sprechen dafür, dass der Franken im Euroland in absehbarer Zukunft Rettungsboot und Diversifikationsvehikel für Investoren bleibt.

1. Die bald sechsjährige Eurokrise ist eine Strukturkrise. Trotzdem gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Euroländer und die EU (im Kern Frankreich und Deutschland) in der Lage wären, den Konstruktionsfehler des Euro nachhaltig zu beheben, sprich Währungsunion ohne Fiskal- und Schuldenunion.

2. Die aufstrebende Weltmacht China hat mittlerweilen eine globale, digitalisierte Infrastruktur zum Handel des Renminbi aufgebaut, inklusive BRICS-Konkurrenzorganisationen zu IWF und Weltbank. Auch in Zürich steht ein Renminbihub kurz vor der Eröffnung. Das neue Renminbi-Währungsraum ist von den bisherigen, US-dominierten globalisierten Kapitalmärkten unabhängig.

Die Kombination dieser zwei Faktoren chronische Eurokrise und Entstehung des Renminbi-Raumes dürfte den Aufwertungsdruck auf den Franken noch verstärken. Während die offizielle Nationalbankprognose gerade umgekehrt davon ausgeht, dass sich der Aufwertungsdruck abschwächt und weitere Eurokäufe überflüssig macht.

Wie sich das Weltwährungssystem tatsächlich entwickelt und wie die zukünftige optimale Geldpolitik sein sollte weiss niemand. Heute schon klar ist hingegen, dass die Nationalbank für beide Szenarien schlecht gerüstet ist.

Grund dafür sind die überschüssigen Devisenreserven auf der Aktivseite der Bilanz und die überschüssigen Giroguthaben des Bankensystems auf der Passivseite.

Diese Überschüsse aus den sind die Folge der enormen Eurokäufe zu Zeiten der Kursuntergrenze. Sie behindern heute den geld- und währungspolitischen Spielraum und wecken Zweifel, ob die Nationalbank noch in der Lage ist, ihr Mandat gemäss Bundesverfassung und Nationalbankgesetz auch weiterhin erfüllen zu können.

Im Szenario Frankenstärke endet die ständige Aufblähung der Geldmenge letztlich in der Hyperinflation mit Crash der Realwirtschaft den es zu verhindern gilt. Das Szenario Frankennormalisierung korrumpiert die geld- und währungspolitische Fokussierung der Institution durch die nötige gewinnbringende Anlage enormer überschüssiger Devisenreserven.

Gröbere Fehler von Thomas Jordan, Fritz Zurbrügg und Andréa Maechler in der Geld- und Währungspolitik können der Werkplatz Schweiz zugrunde richten. (Nick Hayek hat recht, das nur dreiköpfige Nationalbankdirektorium ist zu schmal abgestützt und sollte dringend erweitert werden, aber das ist eine andere Geschichte.)

Um die Institution Nationalbank für das entstehende neue Weltwährungssystem - um nicht zu sagen für den kommenden Währungskrieg - fit zu machen, muss deren Bilanz deutlich schrumpfen. Raschmöglichst!

Dazu ist die Schaffung eines Schweizer Staatsfonds als Annexanstalt der Nationalbank der beste Weg. Eine solche Anstalt kann die überschüssigen Währungsreserven und Girogelder übernehmen. Und damit vollen geldpolitischen Spielraum des Direktoriums wieder herstellen, der im Zuge der enormen Eurokäufe der vergangenen vier Jahre verloren ging.