Samstag, 10. Februar 2018

Liberal, liberaler, ordoliberal - Die NZZ und der wahre Liberalismus


"Die Schwäche der SP nach dem abrupten Rücktritt ihrer Stadträtin Nielsen erhöht die Chancen für eine liberalere Politik (in Zürich)",  schreibt Irène Troxler, Ressortleiterin Zürich und Region, in der heutigen NZZ.

"Ich bin auch eine Ordoliberaler", outete sich NZZ-Wirtschaftsredaktor Jürg Müller am letzen Montag an der Tagung "Unser Geld, unsere Banken, unser Land" im Gottlieb Duttweiler Institut.

«Wir sind ordoliberal. Sie könnten auch neoliberal sagen.» sagte Eric Gujer bei seiner Wahl zum NZZ-Chefredaktor vor drei Jahren dem Tages-Anzeiger.

Der Ordoliberalismus ist eine ursprünglich deutsche Spielart des Liberalismus, die im Unterschied zum austro-amerikanischen Neoliberalismus den Staat nicht aus der Wirtschaft verbannt, sondern die oberste Ordnungsfunktion zuweist. Der Kern des Ordoliberalismus ist die Vorstellung, dass der Wettbewerb staatliche Leitplanken braucht. Konzipiert wurde die staatsinterventionistische Liberalismusvariante von Ökonomen wie Walter Eucken oder Franz Böhm gegen Ende der 1930er Jahre an der Uni Freiburg im Breisgau.

Der Ordoliberalismus war das wettbewerblich-liberale Korrektiv der nationalsozialistischen Plan- und Kartellwirtschaft. Diese wollten Eucken und Böhm nach Kriegsende so oder so abschaffen, ob die Nazis den Krieg gewonnen oder verloren hatten. Die beiden verstanden den Wettbewerb nach dem Vorbild der antiken Olympiade als staatlich geregelten Leistungswettbewerb von Gleichberechtigten. Nicht als Verdrängungskrieg des Stärkeren gegen den Schwächeren im Sinne des "winner-takes-all" Prinzips des austro-amerikanischen Neoliberalismus von Friedrich A. Hayek, Milton Friedman und Ayn Rand.

Die besten Ordoliberalen Zürichs finden sich heute bei der SP (inkl. AL),  den Grünen und den Grünliberalen. Die gute Hoffnung von NZZ-Lokalchefin Troxler auf eine "liberalere" Politik nach dem Ausscheiden Nielsens könnte schon bald enttäuscht werden. Spätestens dann, wenn ökologisch, verkehrspolitisch oder sozial motivierte Eingriffe in die Metropolitanraumökonomie erfolgen.

Der Begriff "Liberal" ist eine Worthülse, Troxlers Steigerungsform "liberaler" ist eine Worthülse im Quadrat. Im Vergleich mit dem ordoliberalen Kollegen Müller von der Wirtschaftsredaktion hinkt die Lokalchefin damit weltanschaulich weit zürück.

Fehlt noch mein Kommentar zur "Ordoliberal-Neoliberal-Scheissegal-Haltung" des Chefredaktors.

Damit ist Eric Gujer publizistisch bereits mehrmals aufgelaufen. In der Innenpolitik mit seinem weitherum auf Ablehung gestossenen "NoBillag-Editorial",  mit dem er es sowohl der neoliberal-libertären, als auch der ordoliberalen Strömung Recht machen wollte.

Oder in der Aussenpolitik, wo Gujer in seinem E-Mail Newsletter für den grossen Kanton Frustration zum deutschen Wahlergebnis und der Regierungsbildung verbreitet, statt seine Leserschaft durch analytische Tiefenschärfe zu überzeugen.

Dies, weil Gujer meines Erachtens nicht versteht oder nicht sehen will, dass die Fortsetzung der GroKo auf dem ordoliberalen Wirtschaftsprogramm von CDU, CSU und SPD fusst.

Angela Merkel steht auf den Schultern der Sozialen Marktwirtschaft, die Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard nach dem Krieg im Sinn und Geist von Walter Eucken und Franz Böhm konzipierten. Und auf dieser Basis war ein Bündnis mit der FDP von Christian Lindner nicht möglich.


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